Zwillingsgeburt KSW

Inhaltsverzeichnis

Indikation für vaginale Zwillingsgeburt:

  • Motivation, Wunsch
  • Die geplante Sectio ab 37+0 SSW ist mit einem leicht besseren perinatalem Outcome verbunden
  • nach 32+0 SSW und VOR 37+0 SSW ist eher die Vaginalgeburt zu favorisieren(Smith, 2022)

Kontraindikationen für vaginale Zwillingsgeburt:

  • Erster Zwilling nicht in SL
  • < 2000 g (relative KI)
  • < 32 SSW (relative KI)
  • IUGR, Gewichtsdiskrepanz über 20% zugunsten des 2. Zwillings
  • Fehlbildung mit Störung der Geburtsmechanik (z.B. Steissbeinteratom)
  • Mo- Mo- Gemini
  • St.n. 2x Sectio, St.n. corporalem Längsschnitt
  • Velamentöse Gefässe bei Zwilling B

Keine Kontraindikation für vaginale Zwillingsgeburt:

  • St.n. Sectio
  • Mo- Di- Gemini

Informed consent:

  • Individuelle Beratung, Information, ggf. Diskussion und schriftliche Aufklärung mit Skizze, Datum und Unterschrift Schwangere und Ärzt:in, einscannen
  • Entscheidend ist eine individuelle Nutzen-Risikoanalyse mit der Patientin
  • Eine LÄ ist bei der Aufklärung immer persönlich dabei und visiert (mit).
  • Ideal in der 26. bis 32. SSW im Schwangerenambulatorium, natürlich auch später möglich
  • Prüfung der Lage, Schätzgewicht, Fruchtwassermenge, Doppler art. umbilikalis
  • Besonders wichtig: Untersuchung auf velamentöse Gefässe des 2. Zwillings

Informed consent, Aufklärungsinhalte

  • Einleitungszeitpunkt:
    • Mo Di 36 0/7 - 37 0/7
    • Di Di  37 0/7 - 38 0/7
  • Einleitungsmethode: Siehe Einleitung in speziellen Situationen Geburtseinleitung
  • Erhöhte Rate an sekundärer Sectio (im Vergleich zur Einlingsgeburt)
    • am 1. Zwilling  ca. 30%
    • am 2. Zwilling  ca. 3 %, ggf. auch Blitzsectio
  • Die Risiken für den 2. Zwilling bei vaginaler Geburt werden erläutert: Vorzeitige Lösung, Nabelschnurvorfall.
  • Empfehlung der rechtzeitigen (frühzeitigen) geburtshilflichen PDA im Hinblick auf allenfalls nötige innere Wendung bzw Extraktion. Auch bei SL des Geminus 2 besteht immer ein Risiko der spontanen Wendung in QL oder BEL.
  • Erklärung welche Betreuungspersonen bei der Zwillingsgeburt anwesend sind: 2. Hebamme im Gebärzimmer, stand-by durch Anästhesie (vor dem Gebärzimmer, in der Gebärabteilung), Neonatologie (teils im Gebärzimmer, teils in der Gebärabteilung)
  • Wegen der notwendigen Infrastruktur vor Ort (Anästhesie-stand-by, kurze E-E-Zeit, neonatologische Erstversorgung) sollte die geplante vaginale Zwillingsgeburt an einem Perinatalzentrum stattfinden.
  • Langfristige Risiken einer (geplanten) Sectio (Narbenschwangerschaft, abnorm adhärente Plazenta, Frühgeburt, Uterusruptur) müssen gegen die vaginale Geburt abgewogen werden.
  • Tel Info LA Gebs über den Fall
  • Einscannen der Aufklärung im elektronischen Patientendossier

Praktisches Vorgehen:

  • Vorgängige Absprache und Verteilung der Aufgaben auf des Entbindungsteam. Hauptverantwortung liegt bei OA: Wer entwickelt den 1. Zwilling? Wer schient? Wer gibt dosierten Fundusdruck? Wer kontrolliert die Lage des 2. Zwillings mit Ultraschall?  Wer macht die Tastuntersuchung?
  • Ab Geburtsbeginn Dauer-CTG bei beiden Kindern
  • Ab MM 4-5cm PDA (falls Pat. bereits schon vorher unter Geburt und/oder eine rasche Geburt erwartet wird, ggf. früher)

Unter der Geburt:

  • Zwei Paar lange Handschuhe liegen bereit
  • Ultraschall parat rechts neben Gebärliege
  • Geburt (letzte Phase der AP) immer im Querbett mit Beinhaltern (mind. vorinstalliert).
  • Anästhesie stand-by vor Ort: In Gebärabteilung, nicht in Gebärzimmer. In AP und Plazentarphase.
  • 2 Geburtshelfer, 2 Hebammen
  • Neonatales stand-by während der Geburt (mindestens 1 Neonatologe, 2 Rea-Einheiten, eine neonatale Erstversorgung bei physiologischer Adaptation kann auch von Hebamme übernommen werden)
  • keine prophylaktische Episiotomie analog Einlingsgeburt
  • Entwicklung des 1. Zwillings durch Hebamme. Entwicklung des 2. Zwillings durch Oberarzt
  • Unmittelbar nach Geburt des 1. Zwillings Schienung von Gem. B in Längslage, dabei spielt BEL od. SL keine Rolle.
  • OA kontrolliert mit US die Lage von Gem B und justiert CTG neu
  • Amniotomie durch OA (lange Handschuhe!) sobald das Kind eingetreten ist. Nicht zu früh. Cave: Nabelschnurvorfall!
  • Durch proaktives Vorgehen nach der Geburt des 1. Zwillings wird das Zeitintervall zwischen den Geburten verkürzt und Komplikationsraten gesenkt. 20 Minuten dürfen nicht überschritten werden. Typischerweise eher 10 Minuten.
  • Bei QL:
    • Äussere Wendung und Schienung, falls Längslage erzielt wurde. Dosierter Fundusdruck durch zweite Person (jedoch kein Kristeller-Handgriff)
    • Falls äussere Wendung nicht erfolgreich: Innere Wendung und ganze Extraktion wie oben

Aktives Management der Plazentarperiode mit permanenter manueller Fundusmassage und 5 IE Syntocinon i.v. als Kurzinfusion gefolgt von 20 IE Syntocinon in 1000 ml Ringer über 4 Std.

AP                              Austreibungsperiode
BEL                            Beckenendlage
E-E-Zeit                      Entscheidung-Entbindungs-Zeit
EP                              Eröffnungsperiode
KI                               Kontraindikation
QL                              Querlage
SL                               Schädellage
VT                               Vorangehender Teil

Twin Birth Study, Barrett JFR, 2013, N Engl J Med
JUMODA Schmitz T, 2018, Obstet Gynecol
Twin pregnancy: guidelines, CNGOF Vayssière C 2011, Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol
PROMPT 2018
NICE guideline NG137 Twin and Triplet Pregnancy, 2019

Kabiri D et al, AJOG 2019, Trial of labor after cesarean delivery in twin gestations

Autor: L. Sultan-Beyer
KSW Version: 1.0, 01/2023