Terminüberschreitung / Natürliche Einleitungsmethoden KSW
Inhaltsverzeichnis- Vorbereitung im Laufe der Schwangerschaft
- Kontrolle am Termin
- Kontrolle bei T+4-5
- Medikamentöse Einleitungsmethoden
- Natürliche Einleitungsmethoden
- Literatur
Vorbereitung im Laufe der Schwangerschaft
- Aufklärung einer Schwangeren über Vor- und Nachteile einer Einleitung um T+7.
- Idealerweise erfolgt diese Information im Laufe der normalen Schwangerschaftskontrollen, zur gleichen Zeit, an der über die anderen Abläufe um die Geburt orientiert wird.
- Anlässlich der ersten Schwangerschaftskontrolle: Sicherung des SS-Alters und somit des Geburtstermins als Voraussetzung für ein korrektes Timing der Einleitung
- Einleitung am Geburtstermin ansprechen und nicht früher, falls vorher keine Auffälligkeiten und keine Fragen der Eltern.
- Aufklärungsformular der SGGG abgeben
Die Aufklärung kann sinngemäss wie folgt lauten:
“Wie Sie wissen, konnten wir bis jetzt feststellen, dass es Ihrem Kind gut geht. Es spricht alles dafür, dass dies so bleiben wird. Wir wissen heute aber aus Erfahrung von vielen Schwangerschaften mit Terminüberschreitung, dass mit Erreichen von 7 Tagen nach errechnetem Geburtstermin für das Kind eine leichte Gefahrenzunahme besteht. Wenn das Kind dann noch nicht geboren ist, kann dieser mit einer rechtzeitigen Geburtseinleitung begegnet werden. (Der Begriff Gefahrenzunahme muss nicht in jedem Fall genauer erläutert werden, sollten die werdenden Eltern aber danach fragen, muss erwähnt werden, dass statistisch gesehen mit ca. 500 Einleitungen ein IUFT verhindert werden kann, dass durch die Einleitung keine neuen Gefahren hervorgerufen werden, dass aber selbstverständlich auch eine Einleitung bei T+7 keine Garantie darstellt). Sie müssen sich nicht jetzt entscheiden, wir werden aber auf diese Möglichkeit zurückkommen, falls das Kind bis 5 Tage nach Termin nicht geboren ist.“
Kontrolle am Termin
- Ultraschall: Fruchtwassermenge (AFI), Atem-, Schluck-, Kindsbewegungen (biophysikalisches Profil)
- CTG
- Nochmals Terminbestimmung überprüfen Spätestens jetzt die Informationen wie o.a. abgeben
- Bei Auffälligkeit, insbesondere bei CTG-Pathologie und/oder Oligohydramnion, Einleitung diskutieren (OA-Indikation)
- Bei grenzwertigem Befund, z.B. AFI 5, kurzfristige Kontrolle (1-2 Tage, OA-Indikation)
- wenn alles normal, Kontrolle in 4-5 Tagen, vorzugsweise nicht am Wochenende oder an Feiertagen
- Abgabe und Tipps von alternativen Einleitungsmethoden durch Hebamme (Wehentee, Öl, Akupunktur, etc.)
Kontrolle bei T+4-5
- Ultraschall: Fruchtwassermenge (AFI), Atem-, Schluck-, Kindsbewegungen (biophys. Profil)
- CTG
- Bei Auffälligkeit, insbesondere bei CTG-Pathologie und/oder AFI <5, Einleitung diskutieren (OA-Indikation)
- Einleitung in den nächsten Tagen ansprechen, dann alle 2-3 Tage weitere Übertragungskontrollen mit Ultraschall und CTG
- spätestens bei T+10 Einleitung empfehlen
- Bei Entscheid zur Einleitung muss die Schwangere darauf aufmerksam gemacht werden, dass sich diese je nach Befund auch über mehrere Tage hinziehen kann, dass es aber deswegen nicht häufiger zu operativen Entbindungen kommt. (1,2)
Medikamentöse Einleitungsmethoden
Natürliche Einleitungsmethoden
bezieht sich auf Anwendung am / über Termin!
Wehentee
Wirkungsweise: Der Wehentee kann bei einer geburtsbereiten Gebärmutter Wehen auslösen. Darf ohne Evidenz angeboten werden.
Rezept
- 1 Stange Zimt
- 10 Gewürznelken
- 1 Scheibe frische Ingwerwurzel
- 2 Esslöffel Eisenkraut (Verbena)
Zubereitung
1 Liter Wasser aufkochen, Zutaten hinzufügen und 5min ziehen lassen. Danach sieben und den Tee in einer Thermoskanne warmhalten. Eventuell mit Honig süssen und über den Tag verteilt trinken. Der Tee kann mehrere Tage hintereinander getrunken werden.
Natürliche Prostaglandine
- Die Samenflüssigkeit des Partners enthält natürliche Prostaglandine, welche wehenanregend wirken können. Bei einem Spermavolumen von 4 ml beträgt der Prostaglandin-Gehalt pro Ejakulation etwa 12-16 µg.
- Die Datenlage ist begrenzt: eine Cochraine Analyse von 2001 konnte kein eindeutiges Ergebnis finden (3). In einer prospektiven Studie (4)konnte gezeigt werden, dass Frauen mit Geschlechtsverkehr ab 36+0 SSW eine signifikant kürzere Gestationsdauer (39.3 vs. 39.9 SSW, bzw. Reduktion um 4.4 Tage) haben und weniger häufig eine Einleitung aufgrund Terminüberschreitung gebraucht haben.
- Anwendung: bei reifem und unreifem Vaginalbefund
Ätherische Essenzen
- Nelkenöl, Muskatellersalbei, Verbena, Zimtrinde naturrein wirken wehenanregend.
- Mit Nelken-Öl 1- 2 mal/Tag den Bauch und Rücken einölen. 10 Minuten vorher duschen, das öffnet die Poren und die Haut nimmt die Essenzen besser auf. Alte Kleider anziehen, wegen möglicher Flecken. Wenig Öl kann auch ins Bad geben werden mit 1 EL Rahm, Salz oder Honig zum Emulgieren.
- Bad oder Ölung können mit anderen Einleitungsmethoden kombiniert werden.
- Nebenwirkungen: Allergische Reaktion auf Inhaltstoffe
- Anwendungen: bei reifem und unreifem Vaginalbefund
- Keine Evidenz
Wehen-Cocktail (Rizinus-Cocktail)
- Bei Anhydramnion, Oligohydramnion und IUGR kontraindiziert
- Adaptiert bei Gestationsdiabetes
- Bei St.n. Sectio immer stationär
Rezept Wehencocktail
30ml Rizinusöl
2 EL Mandelmus
200 ml Aprikosensaft, alles gut mischen
Glas mit Wasser auf 0.5l auffüllen und nochmals gut mischen,
schluckweise innerhalb 30 Minuten trinken
Rezept Wehencocktail bei GDM
30ml Rizinusöl
2 EL Mandelmus
1 kleine Tasse Kaffee
2dl Milch, alles pürieren
schluckweise innerhalb 30 Minuten trinken
Datenlage: eine Metaanalyse von 2022 (5) konnte zeigen, dass weniger medikamentöse Einleitungen nötig waren (in diesen Studien wurde jeweils immer 60 ml Rizinusöl angewandt). In einer anderen Metaanalyse (6) konnte ebenfalls ein positiver Effekt auf den Geburtsbeginn gezeigt werden, zudem wurde kein schädlicher Effekt des Rhizinusöls gezeigt
Akupunktur (eigene Sprechstunde im Haus, Empfang oder Hebammen können Termine vergeben)
- Mit Nadeln werden Punkte der Meridiane am Körper stimuliert um Wehen anzuregen.
- Anwendung: bei reifem und unreifem Vaginalbefund
- Datenlage: unklare Evidenz, einige Studien zeigten keinen Effekt auf den Geburtsbeginn (7,8) .Eine Metaanalyse (9) konnte zwar in einer Subgruppenanalyse eine Reduktion der Sectiorate zeigen, wenn man Akupunktur vs. übliche Behandlung verglich, einen Einfluss auf die Einleitungsrate zeigte sich aber nicht.
Homöopathie
- Natürliche Stoffe vielfach verdünnt meist in Kügelchenform.
- Werden nur durch Homöopathie erfahrene Hebammen der Frauenklinik abgegeben.
- Keine Evidenz! (9)
Mamillenstimulation
Die Brustwarzen können direkt oder über die Kleidung für ca. eine Minute durch Reiben oder Massieren stimuliert werden. Nach drei Minuten Pause erfolgt die nächste einminütige Stimulation. Durch Pumpen können gleiche Effekte erzielt werden, ggf. Kolostrum aufbewahren.
Die Datenlage ist begrenzt: Ein Review zeigt, dass Frauen, die eine Mamillenstimulation durchführten, nach 3 Tagen häufiger unter Geburt waren, als Frauen, die keine Mamillenstimulation durchführten (10).
Eipollösung/ Stripping
Der innere Muttermund wird digital von den Eihäuten gelöst. Dabei werden Prostaglandine ausgeschüttet, die eine Reifung des Muttermundes bewirken und so zu Kontraktionen führen können. Eine Cochrane Analyse (11) (40 Studien, 6548 Frauen) ergab, dass bei Frauen, bei denen eine Eipollösung durchgeführt wurde, häufiger spontane Wehen einsetzten als bei Frauen, bei denen keine Eipollösung durchgeführt wurde. Ebenso wurden weniger Einleitungen nötig. Es zeigte sich keinen Unterschied bzgl. Sectiorate, maternale oder neonatale Morbidität.
Literatur
1. Middleton P, Shepherd E, Morris J, Crowther CA, Gomersall JC. Induction of labour at or beyond 37 weeks’ gestation. Cochrane Database of Systematic Reviews [Internet]. 2020 Jul 15 [cited 2024 May 31];2020(7). Available from: https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD004945.pub5/full
2. DGGG OS. AWMF S2k Leitlinie Geburtseinleitung. Leitlinienprogramm. 2019;
3. Kavanagh J, Kelly AJ, Thomas J. Sexual intercourse for cervical ripening and induction of labour. Cochrane Database of Systematic Reviews. 2001 Apr 23;
4. Chiong Tan P, Andi A, Azmi N, Noraihan MN. Effect of Coitus at Term on Length of Gestation, Induction of Labor, and Mode of Delivery LEVEL OF EVIDENCE: II-2 [Internet]. 2006. Available from: http://journals.lww.com/greenjournal
5. Moradi M, Niazi A, Mazloumi E, Lopez V. Effect of Castor Oil on Cervical Ripening and Labor Induction: a systematic review and meta-analysis. Vol. 25, Journal of Pharmacopuncture. Korean Pharmacopuncture Institute; 2022. p. 71–8.
6. Amerizadeh A, Farajzadegan Z, Asgary S. Effect and safety of castor oil on labor induction and prevalence of vaginal delivery: A systematic review and meta-analysis. Iran J Nurs Midwifery Res [Internet]. 2022;27(4):251. Available from: https://journals.lww.com/10.4103/ijnmr.ijnmr_7_21
7. Andersen BB, Knudsen B, Lyndrup J, Fælling AE, Illum D, Johansen M, et al. Acupuncture and/or sweeping of the fetal membranes before induction of labor: A prospective, randomized, controlled trial. J Perinat Med. 2013 Sep;41(5):555–60.
8. Modlock J, Nielsen BB, Uldbjerg N. Acupuncture for the induction of labour: A double-blind randomised controlled study. BJOG. 2010 Sep;117(10):1255–61.
9. Smith CA. Homoeopathy for induction of labour. Vol. 2010, Cochrane Database of Systematic Reviews. John Wiley and Sons Ltd; 2003.
10. Kavanagh J, Kelly AJ, Thomas J. Breast stimulation for cervical ripening and induction of labour. Vol. 2010, Cochrane Database of Systematic Reviews. John Wiley and Sons Ltd; 2005.
11. Finucane EM, Murphy DJ, Biesty LM, Gyte GML, Cotter AM, Ryan EM, et al. Membrane sweeping for induction of labour. Vol. 2020, Cochrane Database of Systematic Reviews. John Wiley and Sons Ltd; 2020.
Autor: J. Kreienbühl, L. Sultan-Beyer
KSW-Version: 1.0, 08/2024