Einleitungsindikationen KSW

Inhaltsverzeichnis
  • Informed choice, Einbezug der Frau in die Entscheidungsfindung
  • Erklärung der Einleitungsindikation und individuelle Risikofaktoren (IUGR, Wachstumsabflachung, Diabetes, Gemini, Alter, Adipositas, Nikotin, ART, Cholestase, Präeklampsie). Besprechung der Vor- und Nachteile (number needed to treat) mit den Eltern. Die Methode mit dem besten Risiko-Nutzen-Profil wird gewählt.
  • Erklärung der empfohlenen Einleitungsmethode und deren Ablauf
  • Information über die Erfolgschancen und Dauer der Geburtseinleitung
  • Erklärung der Dringlichkeit des Einleitungsbeginns. Die Schwangere muss ebenso informiert werden dass die Einleitung bei hoher Gebärsaalauslastung um 1-3 Tage aufgeschoben werden kann um die bestmögliche Betreuung zu gewährleisten.
  • Schriftliche Einwilligung mit SGGG-Aufklärungsprotokoll
    • Aufklärung über off-Label use von Misoprostol und Foley-Katheter zur Geburtseinleitung mit schriflicher Dokumentation 
    • Aufklärung über off-Label use von Propess® (Dinoproston) bei St.n. Sectio oder bei Geminigravidität. Aufklärung über erhöhtes Uterusrupturrisiko mit schriftlicher Dokumentation, St.n. Sectio und Gemini werden als Kontraindikation in der Fachinformation genannt.
    • Dokumentation im Phönix über die erfolgte schriftliche Aufklärung

Terminüberschreitung

Erklärung der Indikation:

  1. Entweder zunehmend eingeschränkte Plazentafunktion, Oligohydramnion mit Nabelschnurkompression und pathologischem CTG, Mekoniumaspirationssyndrom, IUFT
  2. Oder uneingeschränkte Plazentafunktion mit Folge der Makrosomie, Sektio wegen Missverhältnis, Schulterdystokie, maternalen und fetalen Geburtsverletzungen, Dammriss III. / IV. Grades, verstärkte postpartale Blutung

Die Einleitung bei Terminüberschreitung führt zu keiner Erhöhung der Sectiorate. Einleitungszeitpunkt:

  • ab 40 0/7 Membranenstripping (führt zur signifikanten Reduktion der Terminüberschreitung)
  • ab 40 0/7 und Oligohydramnion (SDP<2 besser als AFI< 5) Empfehlung der Einleitung
  • ab 41 0/7 Anbieten der Einleitung
  • ab 41 3/7 Empfehlung der Einleitung
  • ab 42 0/7 dringende Indikation der Einleitung

Streptokokken Gruppe B positiv und Blasensprung > 37 0/7 SSW

SGA, IUWR und late flattening am Termin

  • EL spätestens ab 37 0/7 bei Abdomenumfang unter der 10. Perzentile und Erhöhung der cerebroplazentaren Ratio im feto-plazentaren Doppler. Aufklärung der Schwangeren über erhöhte Wahrscheinlich der sekundären Sektio. Sektioindikation bereits bei suspektem CTG.
  • Bei pathologischen Umbilikalisdoppler Einleitung schon früher. Indikation Geburtsmodus durch fetomaternal Team.
  • Propess® bevorzugt, Misoprostol möglich.

Alter>40 Jahre, Nikotinabusus

Reddy 2006. Risiko für IUFT abhängig von Gestationsalter und mütterlichem Alter

  • Angebot der Einleitung ab 40 0/7 wegen Erhöhung des Risikos für IUFT

Diabetes mellitus Typ 1 oder 2, meist schon vor der Schwangerschaft präexistent:

  • Geburtseinleitung mit 37 0/7 bis spätestens 38 6/7
  • Bei schlechter Einstellbarkeit oder fetaler Makrosomie schon vor 37 0/7

Gestationsdiabetes

  • bei diätetisch gut eingestellter Gestationsdiabetes ohne Makrosomie: Einleitung ab 40 0/7 SSW anbieten
  • gut eingestellter insulinpflichtiger Gestationsdiabetes (nachweislich ≥ 90% der BZ-Werte dokumentiert im Zielbereich, keine schwere Makrosomie): ab 40 0/7 SSW
  • schlecht einstellbarer Gestationsdiabetes: vor 38-39 0/7 SSW Blutzuckereinstellung optimieren. EL vor 38 0/7 SSW führt zu höherer neonataler Hyperbilirubinämie, Hypoglykämie und Verlegungsrate
  • Makrosomie individuell, ab 4000g Schätzgewicht ggf. ab 38 0/7

Fetale Makrosomie

Relativer Einleitungsgrund. Keine strenge Indikation. Folgende Vor- und Nachteile sind zu besprechen:

  • z.B. bei AU > 95. Perzentile oder Schätzgewicht 4000 g in der 38 0/7 SSW: Die Einleitungsindikation sollte diskutiert werden und kann angeboten werden.
  • number needed to treat: 70 um eine Schulterdystokie zu verhindern
  • number needed to treat: ist noch höher falls nicht auch Diabetes vorliegt
  • Die sonographische Gewichtsschätzung am Termin hat eine relative Ungenauigkeit. Sie sollte mit der klinischen (manuelle Palpation) Gewichtsschätzung übereinstimmen und von einem ultraschallerfahrenen Arzt bestätigt werden. Aufklärung über relative Ungenauigkeit der Gewichtsschätzung.
  • Bei Schätzgewicht ≥ 4500g und Gestationsdiabetes oder Schätzgewicht ≥ 5000g ohne Gestationsdiabetes oder markanter Kopf-Thorax-Diskrepanz: keine Einleitung, sondern elective Sectio caesarea wegen erhöhtem Schulterdystokierisiko empfehlen

PPROM (früher vorzeitiger Blasensprung)

spätestens ab 37 0/7 SSW,
siehe: Vorzeitiger Blasensprung bei Frühgeburtlichkeit (PROM) <37 SSW

Dichoriale Gemini

37 0/7 bis 38 0/7 SSW bei unkomplizierten Verlauf

Monochoriale Gemini

spätestens mit 36 0/7 bis 37 0/7 bei unkomplizierten Verlauf

Präeklampsie - hypertensive Erkrankung

spätestens mit 37 0/7 bei sogenannter stabiler Präeklampsie, bei IUGR bevorzugt Propess®, Misoprostol möglich

Cholestase

mit 38 0/7 SSW

Falls Gallensäuren ≥ 100 mikromol: Einleitung mit 34 0/7 wegen tatsächlich erhöhten IUFT Risiko

Psychosoziale Indikation

Indikationsstellung durch OA/OÄ mit Dokumentation

AWMF S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus, Diagnostik, Therapie und Nachsorge 2018

RCOG, Investigation and management of small for gestational age fetus 2014

Kehl S et al, Z Geburtsh Neonatol 2015

Flenady V et al, Lancet 2011

Boulvain M et al, Lancet 2015

AWMF s2k-Leitlinie Geburtseinleitung 12 / 2020

Ovadia C et al, Lancet 2019

Autor: A. Winkler
Überarbeitet: L. Gabriel
KSW-Version: 1.0, 12/2022