Magnesiumsulfat zur Neuroprotektion KSW

Inhaltsverzeichnis
  • akut bevorstehende spontane oder geplante Frühgeburten SSW 24+0 bis 32+0
  • unabhängig von Geburtsmodus
  • unabhängig von Einlings-oder Mehrlingsgravidität
  • idealer Zeitabstand zur Geburt: 4 bis 12 Stunden
  • Unterhalb von 24+0 SSW wurden bei Gabe von Magnesiumsulfat (MgSO4) zur Neuroprotektion Fälle mit spontaner fetaler Darmruptur beschrieben
  • Wiederholung einmalig bei erneut akut bevorstehender Frühgeburt

Myastenia gravis
Schwere Lungenerkrankung
Kardiale Reizleitungsstörung

Reduktion neurologischer Langzeitschäden sehr frühgeborener Kinder durch antenatale Magnesiumsulfatgabe an die Mutter

Geringe absolute Risikoreduktion von 1,7%.

  • Einmaliger Bolus von 4 g Magnesiumsulfat (MgSO4) über 15 Minuten (Ladedosis)
  • Bei absehbarem Entbindungszeitpunkt keine Erhaltungsdosis
    • Keine klinischen oder laborchemischen Kontrollen notwendig
  • Bei nicht absehbarem Entbindungszeitpunkt Erhaltungsdosis von 1 g / Stunde Magnesiumsulfat (MgSO4) bis zur Geburt für maximal 24h.
    • Es gibt keine Einschränkungen, welche Infusionen am selben Zugang mit Magnesium laufen
    • Laborkontrollen nur bei Oligurie oder Niereninsuffizienz (Diurese im Auge haben)
    • Bei Zeichen der Überdosierung (Symptome: Somnolenz / Adynamie / Atemstillstand): Infusion stopp und 10ml Calciumgluconat 10% i.v. über 3 Minuten

Herstellung der Ladedosis: 4g (16 mmol) Magnesiumsulfat (MgSO4) werden in 100ml NaCl 0.9% gespritzt und über 15 Minuten intravenös verabreicht.

Überwachung:

1. Kontrolle Patellarsehnenreflex alle 4 h, Reduzierung der Dosis (wenn nicht mehr auslösbar)

2. Atemfrequenz alle 4 h (<12 Atemzüge/Min. → Reduktion Dosis), BD, P

3. Urinausscheidung (< 25 ml/h → Kontrolle Serumspiegel, max. 3,3 mmol/l) mind. 100 ml in 4 h

Herstellung der Infusionslösung für Erhaltungsdosis

Erhaltungsdosis bis zur Geburt, bzw. über max. 24h (1 g/h Mg SO4, Magnesium 0,16 mmol/ml)

Infusion KA (500ml Fertiginfusion) auf 25 ml/h (für 24h)

Unerwünschte Wirkungen:

Häufig allgemeines Wärmegefühl, selten Flush, sehr selten Bradykardie, Überleitungsstörungen.

Magnesiumtherapie bei Migränepatientinnen

Neben der primären Indikation zur fetalen Neuroprotektion kann Magnesiumsulfat in begründeten Einzelfällen auch zur Therapie bei Migränepatientinnen mit Aura in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Die Evidenz für Wirksamkeit und Nutzen ist gering. In den AWMF- und NICE-Leitlinien wird Magnesium i.v. nach der Standardtherapie eingeordnet. Eine Anwendung erfolgt ausschliesslich nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung und nur bei Migränepatientinnen mit akuten, therapierefraktären Kopfschmerzen.

Aufklärung
Ärztlicher Dienst muss über Off-Label use aufklären und dies als Verlaufseintrag dokumentieren.

Ladedosis Magnesiumsulfat i.v.

Herstellung der Ladedosis: 4g (16 mmol) Magnesiumsulfat (MgSO4) werden in 100ml NaCl 0.9% gespritzt und über 15 Minuten intravenös verabreicht.

Überwachung

Vor der Gabe:

  • Vitalzeichen inkl. Sauerstoffsättigung
  • Atemfrequenz
  • Reflexe

Während der Gabe:

  • 5min. Überwachung der Vitalzeichen

Nach der Gabe:

  • Klinische Überwachung für 2 Stunden
  • Reflexe

Abbruchkriterien bei hochdosierter Magnesiumtherapie

  • Atemfrequenz < 16 / min
  • Verlust der Muskeleigenreflexe

Bei Zeichen der Überdosierung (Somnolenz, Adynamie, Atemdepression):

Infusion sofort stoppen und 10 ml Calciumgluconat 10 % i.v. über 3 Minuten verabreichen.

SGGG Expertenbrief No. 66. 2019

DGGG s2k Leitlinie, Prävention der Frühgeburt, AWMF online, 2019

Zimmermann, R. (2018). Handbuch Geburtshilfe. Ein praxisnaher Ratgeber. Zürich: Universitätsspital.

American College of Obstetricians and Gynecologists. (2022). Headaches in pregnancy and postpartum: ACOG clinical practice guideline no. 3. Obstetrics & Gynecology, 139(5), 944–972. https://doi.org/10.1097/AOG.0000000000004766

Autorenschaft: V. Uerlings / C. Diebold
Überarbeitet: Hebammenexpertin Gebärabteilung
KSW-Version: 2.0, 12/2025