Streptokokken Gruppe B in der Schwangerschaft KSW

Inhaltsverzeichnis

Theorie

  • Beta-hämolysierende Streptokokken sind fakultativ pathogen, finden sich im Darm vieler Menschen
  • Verantwortlich für „early-onset“ Sepsis des Neugeborenen
  • Bei Wöchnerinnen teils Endometritis
  • 10-15% aller Schwangeren in der Schweiz sind asymptomatische Trägerinnen

Screening

Abstrich vaginal und perianal (1 Abstrich, zunächst vaginal, dann perianal) auf GBS bei allen Schwangeren mit 35-37 SSW

  • Ein GBS positiver Test ist 6-8 Wochen gültig.
  • Ein GBS negativer Test ist 6 Wochen gültig.
  • Screening auch bei geplanter Sectio (im Falle von vorzeitigem Geburtsbeginn)

Verzicht auf Screening bei:

  • GBS-induzierte Bakteriurie in der aktuellen Schwangerschaft
  • Patientinnen mit einem bereits an GBS-Sepsis erkrankten Kind

In diesen Fällen ist eine antibiotische Therapie sowieso indiziert (siehe unten)

Eine prophylaktische Antibiotikagabe sub partu soll durchgeführt werden bei:

  • positivem vagino-perianalen GBS-Screening,
    nicht älter als 6-8 Wochen vor der Entbindung
  • einem an einer GBS-Sepsis erkrankten Kind aus früherer Schwangerschaft
  • GBS- Bakteriurie in der aktuellen Schwangerschaft (egal in welcher Woche)

Unbekannter Streptokokken B-Trägerstatus:

Bei unbekanntem Träger-Status und falls nicht aus anderen oben genannten Gründen sowieso eine Prophylaxe indiziert ist, kann ein PCR-Schnelltest durchgeführt werden.

Bei positivem Resultat des PCR-Schnelltestes: Prophylaktische Antibiotikagabe indiziert.

Bei negativem Resultat des PCR-Schnelltestes: Verzicht auf prophylaktische Antibiotikagabe

Antibiotikawahl und -dosierung

1. Dosis bei Geburtsbeginn bzw. vorzeitigem Blasensprung

  • 1. Wahl: Ladedosis Penicillin G 5 mio. U als Kurzinfusion i.v., dann 4-stündlich 2.5 mio. U i.v.
  • Bei noch keinem Wehenbeginn UND vor der 37+0 SSW ad Amoxicillin 1 g p.o. alle 8 h für 48 h, gefolgt von Amoxicillin 500 mg p.o. 3 x täglich für weitere 5 Tage. Umstellung ggf. gemäss Erregernachweis im Genitalabstrich und Resistenzprüfung. Insgesamt für 7 Tage (falls keine Geburt), dann Absetzen der antibiotischen Prophylaxe.

Bei Penicillinallergie
Grundsätzlich:

  • Cefazolin (Kefzol) 2g i.v initial, anschliessend 8-stündlich 1g i.v., Idealerweise liegt eine Resistenztestung vor:
  • Bei Empfindlichkeit auf Clindamycin: Clindamycin (Dalacin®) 900mg als Kurzinfusion alle 8h bis zur Geburt
  • Bei unbekannter oder nachgewiesener Glindamycinresistenz: Vancomycin 1g alle 12h bis zur Geburt. Spiegelmessung ab einer Therapiedauer von 48h unmittelbar vor der 4. Gabe (=Talspiegel). Ziespiegel: 10-15 mg/L.

Bitte beachten: Eine ausreichende Effektivität der Prophylaxe ist dann gegeben, wenn zwischen erster Antibiotikagabe und Geburt (Abnabelung) zumindest 4 Stunden vergehen.

Beginn der AB-Gabe bei regelmässiger Wehentätigkeit bei Mehrparität, bei Primiparität bei Muttermundsweite von 3cm.

Vorgehen bei drohender Frühgeburtlichkeit

(<37+0 SSW)

  • GBS-Abstrich positiv: Antibiotikaprophylaxe solange Wehen bestehen. Danach individuelles Vorgehen: Weiterführung der Antibiotikagabe über insgesamt 7–10 Tage.
  • GBS-Abstrich negativ: Keine Antibiotikaprophylaxe ausser bei zusätzlicher Indikation wie z.B. vorzeitiger Blasensprung <37 0/7 SSW (siehe Weisung PPROM). Bei Fortdauer der Schwangerschaft ist das GBS-Screening bei 35-37 SSW zu wiederholen.
  • GBS-Abstrich unbekannt: Abstrichentnahme und sofortige Antibiotikaprophylaxe, falls Geburt in weniger als 48 h wahrscheinlich erscheint oder falls zusätzliche Indikationen wie z.B. ein vorzeitiger Blasensprung vorliegen. Ansonsten Abwarten des Abstrichergebnisses und weiter wie oben.

Referenzen

Expertenbrief No. 19 SGGG, 07/2012, Prophylaxe der Early-onset-Neugeborenensepsis durch Streptokokken der Gruppe B

Zimmermann R et al. Handbuch für Geburtshilfe, Klinik für Geburtshilfe, UniversitätsSpital Zürich 2018, Kapitel 5.12.1.

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Autor: R. Vorburger, L. Sultan-Beyer
KSW Version: 1.0, 05/2023