Vertrauliche Geburt am KSW

Inhaltsverzeichnis

Einleitung / Ausgangslage

Unter dem Begriff der vertraulichen Geburt (Synonym: diskrete Geburt) versteht man eine Entbindung im Spital, bei der die Frau ein Pseudonym erhält, wodurch ihr Umfeld nichts von der Geburt erfahren soll. Frauen welche eine vertrauliche Geburt wünschen, können sich bereits in der Schwangerschaft an ihre Gynäkologin/ ihren Gynäkologen, ans Spital oder an die Hebamme wenden. Die korrekten Personalien der Frau sind bei einer vertraulichen Geburt nur einem kleinen Personenkreis bekannt, ansonsten werden die Personalien pseudonymisiert. Das Zivilstandesamt und die KESB werden ebenfalls vertraulich informiert. Die vertrauliche Geburt (Mutter gibt ihre Personalien bekannt) ist von einer anonymen Geburt (Mutter gibt ihre Personalien nicht bekannt) klar abzugrenzen. Wenn das Kind volljährig ist und den Wunsch hat die Identität der Mutter zu erfahren, kann es dies über die zuständige KESB beantragen (Bericht des Bunderates, 2016).

Tabelle 1 aus: PACH Bericht_vertrauliche_Geburt_2021

Ziele

Mit diesem Konzept sollen Schwangere in Not mit dem Wunsch nach einer vertraulichen Geburt unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen professionell betreut werden können. Weiter wollen wir verhindern, dass das Zivilstandesamt oder die Krankenkasse Post nach Hause schickt.

Organisation

Erstkontakt und Beratung präpartal

Schwangere kommt via Gynäkologe, Hebamme, interne Zuweisung, Beratungsstelle oder Selbstvorstellung mit Wunsch nach einer vertraulichen Geburt ans KSW.

Was Wer
Erstgespräch/Termin bei Kaderarzt Geburtshilfe (Info durch CA an Leitende Hebamme), Nachsorge- und Sozialberatung muss durch den Arzt oder die Abteilungsverantwortliche Hebamme involviert werden CA/ Abteilungsverantwortliche Hebamme
Informationen über mögliche Beratungsstellen abgeben, siehe unten (jeder für seinen Bereich) Arzt/ Nachsorge- und Sozialberatung
Die Schwangere über den Ablauf einer vertraulichen Geburt aufklären Arzt/Hebamme/ Nachsorge- und Sozialberatung
Dokumentation im Phoenix im Schwangerschaftsfall (wie gewöhnlich) Arzt/Hebamme/ Nachsorge- und Sozialberatung
Anmeldung zur Geburt mit dem richtigen Namen: Die Bemerkung "vertrauliche Geburt" in der SS-Kontrolle eintragen unter dem Feld "Besondere Massnahmen für die Geburt". Arzt

Wenn die Patientin die Pseudonymisierung wünscht, muss dies gemäss Richtlinie angefordert werden (Frau muss Dokument unterzeichnen)

RIC 389_Richtlinie VIP- und Pseudonymisierung

Abteilungsverantwortliche Hebamme

Hebamme informiert zudem via Mail oder telefonisch die Teamleitung (klaus.haller@ksw.ch Tel. 2155) und Stv. Teamleitung (natalie.eckert@ksw.ch Tel. 21 55) Patientenaufnahme

Info an Abrechnung über Fall der Frau (amb. und stat.)

  • Abrechnung nimmt Kontakt zu Patientin auf und klärt ab wohin die Rechnung gesendet werden soll. Rechnung kann auch im KSW abgeholt werden.
  • Patientin muss selber mit Krankenkasse klären, wie sie die Rechnung einreichen soll (es ist zu riskant, dass wir die Rechnung an die Krankenkasse senden. Der Datenschutz ist in Gefahr).

Abteilungsverantwortliche Hebamme an Abrechnung:

Brigitte Kramer

(brigitte.kramer@ksw.ch) Tel. 4478
Die Krankenkasse der Frau muss erfasst werden (falls keine Krankenkasse bekannt à Info an Patientenaufnahme Nachsorge- und Sozialberatung
KESB am Wohnort der Frau muss involviert werden bezüglich Regelung der Adoption/Platzierung nach der Geburt mit dem Vermerk «Vertraulich» Nachsorge- und Sozialberatung

Sobald die Mutter ihren Adoptionswillen/Beratung zu Platzierungsfragen äussert, wird durch die Nachsorge- und Sozialberatung eine (Gefährdungs-) Meldung an die KESB gemacht und das PACH Pflege- und Adoptionskinder Schweiz involviert. Im Idealfall macht die Schwangere selbst eine Meldung bei der KESB, was in der Praxis aber kaum umgesetzt wird. (Schweigepflichtsentbindungserklärung von der Schwangeren unterzeichnen lassen, falls dies auch nicht möglich ist, muss es durch Oberärztin, Kaderärztin oder der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürichs eingeholt werden)
Link zum Dokument

Das PACH kümmert sich dann zusammen mit der Nachsorge- und Sozialberatung um die weiteren kindlichen Angelegenheiten. Die Fachstelle Okey wird nicht involviert. Der Lead bleibt immer bei der Nachsorge- und Sozialberatung; diese koordiniert die Zusammenarbeit mit dem PACH und würde falls notwendig auch die Fachstelle Okey involvieren.

Nachsorge- und Sozialberatung
Die Platzierung des Kindes wird frühzeitig durch die Nachsorge- und Sozialberatung, PACH und die KESB, oder der bereits bekannten Beistandsperson abgeklärt. Nachsorge- und Sozialberatung
Die Platzierung des Kindes muss von der KESB und dem zuständigen Sozialzentrum finanziert werden, optimaler Weise präpartal Nachsorge- und Sozialberatung
Die Patientenaufnahme über die zuständige KESB informieren, da 55% der stationären Kosten vom Kanton getragen werden Nachsorge- und Sozialberatung

Spitaleintritt

  • Patientenaufnahme, Pädiater, Nachsorge- und Sozialberatung und Abrechnung über Eintritt der Frau informieren (Arzt/Hebamme)
  • Stationärer pseudonymisierter "Vorfall" aktivieren (Abteilungsverantwortliche Hebamme)
  • Fall des Kindes muss ebenfalls pseudonymisiert werden (Abteilungsverantwortliche Hebamme)
  • Wenn nötig Psychologen oder APN psychische Gesundheit (3785) involvieren (Arzt/Hebamme) (sowohl prä- wie auch postpartal anbieten)
  • Einzelzimmer für Frau organisieren (im besten Fall während gesamtem Aufenthalt im Gebs, damit möglichst wenige Personen involviert sind, wenn Kapazitätsprobleme im Gebs dann auf Gynäkologie)
  • Patientenaufnahme muss Versicherungsdeckung der Frau überprüfen und bei der Krankenkasse die definierte Kontaktperson für vertrauliche Geburten informiert werden (gibt es bei jeder CH-Krankenkasse)
  • Falls KESB noch nicht informiert wurde, muss dies spätestens bei Eintritt gemacht werden (durch Nachsorge- und Sozialberatung)
  • Die Mutter ist verpflichtet ihre richtigen, vollständigen Personalien dem Spital abzugeben. Verweigert die Frau dies, muss die zuständige KESB darüber informiert werden (durch Nachsorge- und Sozialberatung).

Nach Möglichkeit werden die anfänglichen administrativen Aufgaben immer durch die Abteilungsverantwortliche Hebamme (Leitende Hebamme, Stv. Leitende Hebamme, Gruppenleitung, Fachverantwortliche) erledigt.

Das peri- und postpartale Management wird wie gewohnt durch Arzt und Hebamme gemeinsam erledigt.

Meldung der Geburt

  • Die Meldung an die Zivilstands Behörde muss mit dem Vermerk in roter Schrift "vertrauliche Geburt" erfolgen innerhalb von 3 Tagen. Die Angaben der Mutter müssen ausgefüllt werden, die Angaben des Vaters können frei gelassen werden.
  • Die Hebamme informiert die zuständige Leitung der Zivilstands Behörde bereits vorgängig +41 52 267 51 51
  • Die Geburtsanmeldung wird mittels Kurier an den Leiter des Kreisbüros mit dem Vermerk «Vertraulich» übermittelt
  • Die Kindsmutter darf den Namen des Kindes auswählen, wenn sie dies nicht möchte, übernimmt es der Beistand
  • Der für das Kind verantwortliche Beistand ist dafür zuständig, dass das Kind ab Geburt bei einer Krankenkasse angemeldet ist
  • Das Kind kommt nach der Geburt für ca. 48h (Spielraum muss vorhanden sein) aufs Wochenbett/ oder NEO (Entscheid Behandlungsteam unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen) Innerhalb dieser Zeit sollte es dem Beistand möglich sein eine Platzierung in einer Übergangspflegefamilie oder –Institution zu organisieren.

Dokumentation der Geburt

  • Dokumentation wie üblich im Phoenix.
  • Im Geburtenbuch Vermerk «vertrauliche» Geburt

Postpartal und Spitalaustritt

  • Abstillen (2x 0.5mg Dostinex per os)
  • Amb. Hebamme nach Wunsch der Frau organisieren (idealerweise bereits vor der Geburt) (ggf. in einer Hebammenpraxis, wenn Umfeld nichts von der Geburt weiss)
  • Besprechung der Kontrazeption (durch Gynäkologen)
  • Gynäkologische Notfallnummer der Frau abgeben und allenfalls Nummern von Beratungsstellen des Kantons ZH (Kapitel 6.)
  • Postpartumkontrolle vereinbaren (Arzt)
  • In Absprache mit dem Beistand des Kindes informiert die Nachsorge- und Sozialberatung die KESB über den Austritt der Frau
  • Die Adoptionsfreigabe erfolgt frühestens 6 Wochen nach der Geburt
  • Hat das Kind einen Namen bekommen, muss die Nachsorge- und Sozialberatung eine Meldung an die Patientendisposition machen, der VIP Status des Kindes bleibt bestehen

Verrechnung und Administration

Die Patientenaufnahme weiss über die vertrauliche Geburt Bescheid und informiert auch die Krankenkasse darüber. Bei vertraulichen Geburten werden Rechnungen direkt an die Krankenkasse geschickt.

Andenken an die Geburt

  • Falls die Mutter Erinnerungen an ihr Kind wünscht diese mitgeben (Karte mit Fussabdruck, Gewicht, Geburtszeit und Datum, sowie Namensbändeli und Fotos)
  • Dem Kind werden ebenfalls Erinnerungen mit Geburtskarte/Fotos, evtl. ein Andenken an die Mutter, falls sie dies wünscht mitgegeben

Literatur

Bericht des Bundesrates zum Posulat Maury Pasquier (13.4189). (2016). Bessere Unterstützung für Frauen in Not und verletzliche Familien. https://www.ejpd.admin.ch/dam/bj/de/data/aktuell/news/2016/2016-10-12/ber-br-d.pdf.download.pdf/ber-br-d.pdf

PACH (2021) https://www.sexuelle-gesundheit.ch/assets/docs/PACH_Bericht_Vertrauliche_Geburt_2021.pdf

Beratungsstellen und Adressen

Leitfaden Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch und Adoption; Beratungsstellen im Kanton Zürich: https://www.zh.ch/content/dam/zhweb/bilder-dokumente/themen/gesundheit/gesundheitsberufe/arzt_aerztin/strafloser_schwangerschaftsabbruch/leitfaden_schwangerschaft_schwangerschaftsabbruch_adoption.pdf.pdf

Weiteres

In der Konzepterarbeitung wurden folgende Berufsgruppen berücksichtigt:

  • Nachsorge- und Sozialberatung (S. Tinner und O. Müller)
  • Fachstelle Okey (Simone Brunschwiler)
  • Patientenaufnahme (Klaus Haller, Nathalie Eckert)
  • Abrechnung (Brigitte Kramer)
  • Neonatologie (Stefan Minocchieri)
  • Hebamme (N. Russo, R. Vorburger, M. Ammann)

Autor: L. Sultan-Beyer
KSW-Version: 1.0, 12/2022