Abnorme uterine Blutung (AUB)
Inhaltsverzeichnis- Prämenopausale AUB
- Postmenopausale AUB = PMP-Blutung
- Spezielle Situationen
- Allgemeine Empfehlungen zur Beurteilung des Endometriums
- Literatur
Definition / Klassifikation:
- jede uterine Blutung, die nicht auf den normierten Menstruationszyklus zurückzuführen ist.
- Das Risiko für ein Endometriumkarzinom oder eine atypische Endometriumhyperplasie bei prämenopausalen Frauen mit abnormen uterinen Blutungen liegt unter 1,5 %.
- Das Risiko für ein Endometriumkarzinom bei AUB in der Prämenopause beträgt 0,33 %.
- Individuell liegt das Risiko höher für Patientinnen mit Risikofaktoren (BMI, Familienanamnese (Lynch-Syndrom))
Definitionen
Hypermenorrhoe |
Blutvolumen > 80ml pro Zyklus |
Hypomenorrhoe |
Blutvolumen < 5ml pro Zyklus |
Spotting |
Schmierblutung: Blutvolumen erfordert nicht |
Polymenorrhoe |
Zyklusdauer < 24 Tage (Prävalenz 1%) |
Oligomenorrhoe |
Zyklusdauer > 38 Tage (Prävalenz 1%) |
Brachymenorrhoe |
Blutungsdauer < 4.5 Tage (Prävalenz 1-2%) |
Menorrhagie |
Blutungsdauer > 8 Tage (Prävalenz 1-2%) |
Zwischenblutung |
Blutung zwischen zwei erwarteten Menstruationen |
Metrorrhagie |
leichte Blutungen mit unregelmässigen Intervallen |
Menometrorrhagie |
schwere Blutungen mit unregelmässigen Intervallen |
Dysmenorrhoe |
schmerzhafte Menstruationsblutung |
Postkoitale Blutung |
vaginale Blutung innerhalb von 24h nach GV |
Amenorrhoe |
ausbleibende Menstruationsblutung über mind. 3 Zyklen (individuelle Zyklusintervall) |
Tabelle aus P. Stute, M. v. Wolff, 2013
Definition AUB gemäss FIGO
Akute AUB |
Episode starker Blutung, die aus klinischer Sicht |
Chronische AUB |
Uterine Blutung, die aufgr. ihrer Frequenz, des Zeitpunktes des Auftretens und/oder Volumens abnormal ist; dieses pathol. Blutungsmuster ist |
Intermenstruelle Blutung |
Zufällige oder wiederholt zum gl. Zykluszeitpunkt auftretende uterine Blutung zw. zwei definierten/erwarteten Menstruationen |
Störung der Menstruations-frequenz |
häufig (< 24 Tage) und selten (> 38) Tage |
Unregelmässiger Zyklus |
Variation der Zyklus- zu-Zyklus Dauer > 20 Tage |
Abnormes Blutvolumen |
Verlängerte Blutung > 8 Tage und starke Blutung; |
Tabelle aus P. Stute, M. v. Wolff, 2013
PALM-COEIN FIGO-Klassifikation 2011
Klassifikation der AUB in der Prämenopause durch FIGO, beschreibt 9 mögliche Ursachen für AUB, sie sollen bei den differenzialdiagnostischen Überlegungen helfen:
(Polyp; Adenomyosis; Leiomyoma; Malignancy and Hyperplasia - Coagulopathy; Ovulatory dysfunction; Endometrial; Iatrogenic; and Not yet classified)
«PALM»-Komponenten |
«COEIN»-Komponenten |
Polyp (AUB-P) |
Koagulopathie (AUB-C = Coagulopathy) |
Differenzialdiagnosen
Koagulopathien |
Von-Willebrand-Syndrom Faktormangel (zB. FVIII, FIX) Thrombozytenfunktionsstörung |
Infektion |
Akute oder chronische Endometritis Zervizitis PID |
Ovulationsstörung |
Akut: Follikelpersistenz Chronisch: Hyperprolaktinämie PCOS Schilddrüsenfunktionsstörungen Weitere DD der Zyklusstörungen |
Schwangerschaft |
Abort Plazentarest EUG |
Strukturell |
Adenomyose Endometriose Myome Malignität/CIN/Endometriumhyperplasie Polypen Grosse, vulnerable Ektopie |
Iatrogen |
Antikoagulantien Antipsychotika Kupfer-IUD Hormonelle Kontrazeption, Hormontherapie Tamoxifen |
Konstitutionell | Idiopathische Hypermenorrhoe |
Varia | Östrogenproduzierende Tumore |
Diagnostisches Vorgehen mit Fokus auf die Prämenopause
- Anamnese: gute Zyklusanamnese, Onset der Blutungsstörungen, Hinweise auf Infekt/Fieber, Trauma, GV vorangehend, mit Schmerzen bzw Dysmenorrhoe assoziiert, Hinweise auf Gerinnungsstörung, Hinweise auf weitere endokrine Störungen, Medikamenteneinnahme (Gerinnungs-beeinflussende Medikamente; Tamoxifen; Hormone); Familienanamnese
- Spekulum/ggf. Kolposkopie: Transformationszone, ev. Ektopieblutung, Tumor, Polypen/Myome in statu nascendii, ev. Pap-Entnahme, ev. Biopsie, Nativ, Abstrichentnahme
- Bimanuell: Schmerzen, Raumforderung
- Ultraschall: Hinweise auf organische Genese (Polyp, Myom, Reste nach Abort/Inter,..); Beurteilung Endometrium nach IETA s.u.*; Ovarien: PCO-like, Follikelpersistenz, and. Tumoren (solide Tumore wie Granulosazelltumore können hormonellen Einfluss auf das Endometrium haben und so zu Blutungsstörungen führen); anatomische Uterusanomalien, Hinweise auf Adenomyosis uteri
- Hydrosonographie: Bei V..a. Polyp oder intracavitäres Myom
* Optimale Beurteilung des Cavum uteri 20.-25. Zyklustag (auch für Diagnostik Malformationen)
auffällig hoch prämenopausal: Kontrolle nach Menstruation
Normale maximale Werte als Orientierung (nach SGUMGG):
- prämenopausal, zyklusunabhängig: 12mm
- prämenopausal 4.-6. ZT: 5mm
zusätzliche Abklärungen (bitte situativ einsetzen, es braucht nicht immer alle):
- Labor: SST im Urin oder b-HCG im Serum; Blutbild; ev. Gerinnungsstatus; ev. kann ein orientierender Hormonstatus in gewissen Situationen helfen, bei chronischer AUB, weniger bei akuter: FSH, E2, Progesteron, Prolaktin, TSH, gesamt Testosteron, DHEAS
- Pipelle der Cornier
- HSC/Curettage: bei V.a. oder im Verlauf zum Ausschluss einer Malignität (Cave individuelle Risikoerhöhung)
- Resektoskopie bei Polypen oder intracavitären Myomen zur histologischen Sicherung falls Malignität differenzialdiagnostisch im Vordergrund
Therapie-Optionen
- Infekt: Spez. Erreger-abhängige Therapie (s. Adnexitis-Schema)
- bei V.a. Gerinnungsstörung: ad hämatologische Abklärung; ggf. Therapie in Rücksprache mit den Hämatologen, je nach Befund (Tranexamsäure, COC, Mirena, ...)
- HMB/idiopathische Hypermenorrhoe: NSAR, Tranexamsäure, Mirena-Einlage oder hormonelle Zyklusregulation
- Funktionell bei Follikelpersistenz: zuwarten ODER
- Blutungsstörungen bei hoch aufgebautem Endometrium: hormonelle Curettage bspw mit Primolut N 3x/d für 10 Tage; Kontrolle erst nachdem die Abbruchblutung aufgehört hat
- Ektopieblutung (ggf. bei postkoitalen Blutungen): ev. Laservaporisation
- Blutungsstörungen bei Plazentarest nach Abort/Inter: sehr zurückhaltendes operatives Vorgehen, am besten abwartendes Vorgehen, ggf HCG-Kontrolle, ev. regelmässige Blutungsauslösung mit COC in der Intervall-Einnahme; mind. 4 Monate warten, falls von der Blutung her tolerabel
- Chronische Blutungsstörungen: hormonelle Zyklusregulation; bei Kinderwunsch Zuweisung in die Endo-/ Kinderwunsch-Sprechstunde
- Symptomatischer Polyp oder Polyp und höheres Risiko für Malignität (in der Gesamtkonstellation): HSC Curettage
- Uterus myomatosus mit Blutungsstörung und Familienplanung nicht abgeschlossen: je nach Myomlage Versuch mit Mirena; falls intracavitär Resektoskopie
- nicht therapierbare Blutungsstörungen (inkl. Myom) bzw. Wunsch der Patientin und abgeschlossene Familienplanung: Hysterektomie
- Blutungsstörungen a.e. assoziiert mit Adenomyosis: endokrine Endometriosetherapie oder Mirena; bei Therapieversagen und abgeschlossener Familienplanung: Hysterektomie

Spezielle Situationen
Polyp
- Meta-Analyse: Rate an malignen Polypen in prämenopausalen Patientinnen: 1.12%; Rate an malignen Polypen in postmenopausalen Patientinnen: 4.93% (Uglietti et al., 2019)
- Risiko von Malignität höher in symptomatischen (5.14%) als in asymptomatischen Frauen (1.89%) (Uglietti et al., 2019)
- Unter den postmenopausalen Frauen mit Blutung war die Rate an Malignität der Polypen 4.47% verglichen mit 1.51% bei postmenopausalen Patientinnen ohne Blutung (Lee et al., 2010)
- Trotzdem: Bei postmenopausalen Patientinnen: hysteroskopische Polypresektion mit oder ohne Blutung
- Bei prämenopausalen Patientinnen: im Gesamtkontext beurteilen (Blutungsstörungen, Symptomatik, HCG etc.), ein Zuwarten und Kontrolle nach 1-4 Monaten postmenstruell ist meist gerechtfertigt.
- Bei störender oder persistierender Blutungsstörung prämenopausal, a.e. durch den Polyp bedingt, ist ein operatives Vorgehen berechtigt und dann anzustreben, wenn im Gesamtkontext (BMI, Familienanamnese (CAVE Lynch)) das CA Risiko individuell erhöht ist!
Tamoxifen und Blutungsstörungen
- Therapie mit Tamoxifen ist ein Risikofaktor für das Auftreten eines Endometriumkarzinomes
- Verdoppelung EC-Risikos bei 1- bis 2-jähriger Tamoxifentherapie; Vervierfachung des EC-Risikos bei 5-jähriger Tamoxifentherapie; weitere Verdoppelung des EC-Risikos im Falle einer Verlängerung der Tamoxifentherapie auf 10 Jahre
- höherer Anteil Typ II EM-Karzinomen
- Ein sonographisches Screening des Endometriums bei asymptomatischen Patientinnen unter Tamoxifen ist trotzdem nicht indiziert (Saccardi et al., 2013 zeigten in einer longitudinalen Kohortenstudie von 2007 bis 2012 mit 151 Patientinnen unter Tamoxifentherapie, dass es bei fehlender atypischer Blutung keinen Fall eines Endometriumkarzinoms gab, unabhängig von der endometrialen Dicke oder der Dauer der Tamoxifentherapie).
- Eine AUB, auch eine einmalige, bei postmenopausalen Patientinnen aber auch eine AUB bei prämenopausalen Patientinnen unterTamoxifen muss hingegen zwingend abgeklärt werden.
Typische Phänomene des Endometriums bei Tamoxifen-Einnahme im Ultraschall sind:
- Vakuolen
- Swiss-Cheese-Phänomen
- hoch aufgebautes, vom Myometrium schwer abgrenzbares Endometrium
Allgemeine Empfehlungen zur Beurteilung des Endometriums
In diesem Paper sind die Definitionen und Anweisungen zur genauen Untersuchung und Beschreibung des Endometriums zu finden.
Literatur
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Autor: S. Verta
Überarbeitet: S. Toth
KSW-Version:1.0, 03/2022