PCOS
Inhaltsverzeichnis- Bedeutung
- Ätiologie und Pathogenese
- Diagnostik
- Langzeitfolgen
- Therapie
- Zusammenfassung Therapie-Stufenkonzept
- Literatur
Bedeutung
Bedeutung der PCOS sehr gross.
Prävalenz im fortpflanzungsfähigem Alter 8-13%.
Ätiologie und Pathogenese
- heterogener Symptomkomplex, verschiedene Theorieansätze
- starke hereditäre Komponente
- Theorie der Insulinresistenz
- Insulin steigert die ovarielle Androgenproduktion in den Thekazellen. Dies führt zu einem Ungleichgewicht zwischen den Androgenvorstufen und den im Anschluss daraus entstehenden Östrogenen in den Granulosazellen.
- Zudem führt eine Hyperinsulinämie zu einem verminderten SHBG und erhöht so den Anteil des freien Testosterons und damit die Wirkung am Androgenrezeptor.
Neuere Erkenntnisse:
- hoher Anteil der hypothalamischen GnRH-Neurone exprimiert den AMH-Rezeptor 2, beim PCOS sogar noch mehr => AMH stimuliert diese GnRH-Neurone => Amplitude wie auch Frequenz der GnRH/LH Pulse steigt, LH=> Androgensekretion am Ovar wird gesteigert
- intrauterine Programmierung durch Hyperandrogenismus der Mutter und hohe AMH-Konzentration
- erhöhte maternale Androgenwerte in Schwangerschaft = erhöhtes Risiko für metabolisches Syndrom bei der Tochter
- AMH-Werte bei PCOS Frauen in Schwangerschaft im Vgl. zu gesunden Frauen erhöht
Rotterdam Kriterien
Oligo-/Anovulation
Hyperandrogenismus (klinisch oder biochemisch)
Polyzystisches Ovar im Ultraschall
- zwei von drei Kriterien müssen erfüllt sein für die Diagnose PCOS
- andere Ursachen sind ausgeschlossen
Definition irreguläre Zyklen
- Normal im ersten Jahr post Menarche
- > 1 bis < 3 Jahre post Menarche: < 21 oder > 45 Tage
- > 3 Jahre post Menarche bis Perimenopause: < 21 oder > 35 Tage, oder < 8 Zyklen pro Jahr
- Sekundäre Amenorrhoe > 1 Jahr post Menarche: > 90 Tage
- Primäre Amenorrhoe mit 15 Jahren oder > 3 Jahre post Thelarche
Abklärung Hyperandrogenämie: siehe auch Kapitel Hyperandrogenämie
Hyperandrogenämie:
- berechnetes freies/bioverfügbares T oder FAI
- Messung von fT oder TT sollte massenspektrometrisch/chromatographisch erfolgen
- Androstendion und DHEAS
Hyperandrogenismus:
- Hirsutismus: mFGS ≥ 4 - 6
- Alopezie: Ludwig-Score
- Akne
- Empfinden der Patientin entscheidend!
Sonographie
- Keine Sonographie für die Diagnose innerhalb der ersten 8 Jahren nach Menarche
- >20 AFC pro Ovar und/ oder Volumen > 10ml
- Befund unilateral reicht aus
- CAVE: Kein C. luteum, Zysten oder Leitfollikel mitzählen
- AMH korreliert häufig mit AFC, für Diagnostik aber noch nicht geeignet
Work up
- Zyklusanamnese
- Klinischer Hyperandrogenismus: Hirsutismus, androgene Alopezie, Akne
- Ultraschall: AFC, Ovarvolumen
- Grosser Hormonstatus am 3.-5. Zyklustag morgens
- Berechnung freier Androgenindex (FAI = [Testosteron in ng/ml x 347] \ [SHBG in nmol/L]
- PCOS Labor: HbA1c, Lipide, Leberwerte
- BMI
- RR
Grundsätzlich
- gute Aufklärung der Patientin über Diagnose und mögliche Langzeitfolgen
- keine Ängste generieren, jedoch Patientin motivieren einen gesunden Lebensstil zu führen!
- Kardiovaskuläres Risiko evaluieren
- Familienanamnese
Diabetes mellitus
- Unabhängig vom Übergewicht, aber dadurch verstärkt, erhöhtes Risiko für Glukosestoffwechselstörung (T2DMx3!)
- oGTT, HbA1c oder nüchtern Glukose bei jeder PCOS Patientin
- oGTT immer, wenn BMI > 25kg/m2 (bei Asiatin > 23kg/ m2), anamnestisch pathologische Glukosewerte, GDM, DMII in Familie oder Hypertension
- präkonzeptionell bei jeder Frau mit PCOS: 75 g oGTT, Wiederholung alle drei Jahre
Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
- Zusammenspiel OSAS und PCOS unklar, ggf. spielt der Hyperandrogenismus eine Rolle in der Entstehung
- gestörter Schlaf ist ein kardiovaskulärer Risikofaktor
- Risikofaktoren erfassen mit Berliner Score
Endometriumkarzinom
- Endometriumkarzinomrisiko 2-6-fach erhöht bei Oligomenorrhoe mit Zyklen >90 Tage: KOK- oder Gestagengabe empfohlen
Lebensqualität
- Lebensqualität kann generell eingeschränkt sein, häufiger Angststörungen, depressive Verstimmungen, Körperschemastörungen, Essstörungen und psychosexuelle Funktionsstörungen.
Therapie
Lifestyle Interventionen
- Alle 6-12 Monate auf Gewichtszunahme schauen
- Diät, Sport und Verhaltensänderung bei Übergewicht
- Kalorienzufuhr: 1.200 bis 1.500 kcal/Tag
- Zur Prävention von Gewichtszunahme:
- 18 – 64 J: mind. 150 Min/Woche moderate Intensität oder 75 min/Woche hohe Intensität oder Kombination beider
- Muskelaufbau an zwei nicht aufeinanderfolgenden Tagen
- Mind. 30 Minuten in mindestens 10-minütigen Perioden
- Zur Gewichtsreduktion:
- Mind. 250 Min/Woche moderate Intensität oder 150 min/ Woche hohe Intensität oder Kombination beider
- Muskelaufbau an zwei nicht aufeinanderfolgenden Tagen
- Minimieren von sitzenden Tätigkeiten
- 5-10% Gewichtsverlust innerhalb von 6 Monaten anstreben
- Benefit auch ohne Gewichtsverlust
- Täglich 10.000 Schritte
- SMART (Specific, Measurable, Achievable, Realistic and Timely)
KOK
- Frauen mit PCOS und Hyperandrogenismus (Hirsutismus/Alopezie) und/oder unregelmässigem Menstruationszyklus
- Keine Empfehlungen über Art oder Dosis von Progesteron oder Östrogen. Keine Befürwortung eines speziellen Präparates. Low dose einsteigen.
- Jede Pille mit EE hat einen antiandrogenen Effekt
- Pille mit 35μg E2+CPA nicht first line Therapie -> erhöhtes Risiko für thromboembolische Ereignisse
- SGGG-Checkliste immer ausfüllen vor Verschreibung
- Therapieversuch mind. 6 Monate
- ggf. Kombination mit kosmetischer Therapie (z.B. Vaniqua®, Lasertherapie)
Auflistung Antiandrogene Pillen
Antiandrogene KOK wirkt nicht ausreichend?
- Kombination mit antiandrogenem Monogestagen (2nd-line)
- Kombination mit Metformin
Kontraindikation für KOK?
Monotherapie mit antiandrogenem Monogestagen, z.B. CPA (Androcur) 5mg/d – Steigerung auf 10mg/d möglich
Metformin
- Antidiabetischer und blutzuckersenkender Wirkstoff aus der Gruppe der Biguanide
- Effekt durch erhöhte Empfindlichkeit des Muskels, Fettgewebe, Ovarien für Insulin, Hemmung der Gluconeogenese in der Leber, Senkung der Aufnahme im Darm
- Empfohlen bei einem BMI ≥ 25kg/m2 (metabolischer Benefit höher als bei niedrigerem BMI) zusätzlich zu Lifestyle-Massnahmen Gewichtsreduktion, Verbesserung der metabolischen Situation
- Zu wenig Evidenz für Empfehlung zur Zyklusregulierung durch Metformin
Bei Verschreibung folgendes beachten:
- NW wie gastrointestinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Bauchschmerzen) meist dosisabhängig und selbstlimitierend
- Low dose Start mit z.B. 500mg/d und Erhöhung 1-2 wöchentlich; evtl. extended release Präparat (senkt Rate NW und erhöht Compliance)
- Off label use! Gute Aufklärung der Patienten
- Bei Langzeittherapie Vit.B12 Spiegel beachten
- Therapiebeendigung bei Schwangerschaft (keine KI, begrenzte Erfahrungen, keine Evidenz für Benefit)
Zusammenfassung Therapie-Stufenkonzept
- Änderung des Lebensstils: Sport, Diät etc.
- Lokale Behandlung (Laser + Eflornithin z.B. Vaniqua®)
- Systemische Behandlung:
- KOK (z.B. Elyfem)
- Antiandrogene KOK
- wenn nach 6-9 Monate keine Besserung, dann eine Kombination von antiandrogener Pille mit zunächst niedrig dosiertem CPA (z.B. Androcur)
- Bei Adipositas/metabolischen Faktoren Metformin evaluieren
Literatur
- International evidence-based guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome (PCOS), ESHRE 2018
- Randeva et al. Endocr Rev. 2012 Oct; 33(5): 812–841
Autor: L. Gabriel
Autorisiert: F. Götze
KSW Version: 2.0, 09/2024