Hyperprolaktinämie

Inhaltsverzeichnis

Ätiologie

Viele Einflussfaktoren:

Klinik

  • Galaktorrhoe
  • Zyklusstörungen
  • Androgenisierung
  • Osteoporose: Osteoporoserisiko bei Hyperprolaktinämie 4,5-fach erhöht

Ein erhöhtes Prolaktin ohne klinische Symptome besitzt keine klinische Relevanz (Cave: unerfüllter Kinderwunsch!). Bei einem erhöhten Prolaktinwert müssen physiologische Einflussfaktoren und die Einnahme einer Prolaktin-steigernden Medikation erfragt, sowie eine Hypothyreose ausgeschlossen werden.

Interpretation

  • Prolaktinwert > 25 µg/l (> 530 mU/l): Hyperprolaktinämie
  • Prolaktinwert > 50 µg/l (> 1.060 mU/l): Hyperprolaktinämie mit Tumorverdacht
  • Prolaktinwert > 250 µg/l (> 5.300 mU/l): (Makro-)Prolaktinom wahrscheinlich

Beachte:

  • Circadianer Rhythmus
  • Vd.a. Makroprolaktin: PEG-Fällung (im KSW standardmässig bei erhöhtem Wert)
  • Hook-Effekt: Verdünnung

Therapie

Indikationen für die Behandlung mit Dopaminagonisten bei Hyperprolaktinämie

  • Galaktorrhoe
  • Östrogenmangel
  • Sterilität
  • Prolaktinom
  • Tumorwachstum während der Schwangerschaft
  • Akromegalie mit Begleithyperprolaktinämie

Beachte:

  • Bei einer klinischen Symptomatik und einem Prolaktinwert < 50 µg/l (<60ng/ml bzw. <1200 mIU/) kann primär mit einer Prolaktin-hemmenden Medikation begonnen werden. Die Dosierung orientiert sich am Verlauf der klinischen Symptomatik (Eintreten einer Eumenorrhö, Sistieren einer Galaktorrhö), ggf. auch am Verlauf des Laborwertes.
  • Bei einem Prolaktinwert > 50 µg/l (>60ng/ml bzw. >1200 mIU/l) besteht die Indikation für eine MRT der Hypophyse. Auch bei niedrigeren Werten, aber Kopfschmerzen, lateralen Blickfeldausfällen o. ä. ist eine MRT sinnvoll.

Empfehlungen für die Praxis

  • Cabergolin (Dostinex®) ist der Dopaminagonist der ersten Wahl
    • einschleichende Behandlung z.B. 0,25 mg/Woche
    • mit Abendessen beginnen
    • typische Dosierung: 1 – 2 mg/Woche
  • Prolaktinkontrolle: 4 Wochen nach Therapiebeginn. Bei Zieldosis in 3- bis 12-monatigen Intervallen
  • Wenn Cabergolin > 3 mg/Woche langfristig: Echokardiografie wg. Risiko der Regurgitation an Herzklappen ab Anwendung von >3mg Cabergolin/Tag (!) erhöht sich das Risiko einer Klappeninsuffizienz etwa 50fach
  • Bei Prolaktinomen mit Prolaktinanstieg unter Therapie oder neuen Symptomen wie Galaktorrhoe, Gesichtsfeldeinschränkungen, Kopfschmerz o.ä. sollte die MRT-Kontrolle bereits nach 3 Monaten erfolgen.
  • Perimetrie-Kontrollen sind regelmäßig bei Makroprolaktinom mit Risiko für Chiasma-Syndrom durchzuführen.
  • Knochendichtemessung, GnRH-Test o. Ä. sind bei Risiko für Komorbidität (wie Osteoporose, Hypopituitarismus) indiziert.
  • Auslassversuch nach 2 Jahren, wenn Prolaktin-Spiegel normalisiert und MRT ohne Tumornachweis oder bei Mikroprolaktinom.
  • Risikofaktoren für einen Rückfall sind Tumorgröße und hohe Prolaktinspiegel vor Therapiebeginn.

Schwangerschaft und Stillzeit

  • In aller Regel wird die Medikation in der Schwangerschaft abgesetzt.
  • Bei Mikroprolaktinom: Absetzen der Dopaminagonisten in der Schwangerschaft
  • Bei Makroprolaktinom: In Absprache mit Neuroendokrinologie Absetzen der Dopaminagonisten in der Schwangerschaft, Verlauf beobachten
    • Allfällige Symptome bei jeder Konsultation abfragen
    • Perimetrie jedes Trimester
    • Wenn medikamentöse Therapie erforderlich: Umstellung von Cabergolin auf Bromocriptin erwägen
  • Stillen ist mit Mikro- und Makroprolaktinomen möglich

Literatur

Frank Nawroth. Hyperprolaktinämie. Springer Verlag; Der Gynäkologe; 07/2019

Melmed S, Casanueva FF, Hoffman AR, Kleinberg DL, Montori VM, Schlechte JA, Wass JA, Endocrine Society; Diagnosis and treatment of hyperprolactinemia: an Endocrine Society clinical practiceguideline. JClinEndocrinol 2011

Autor: A. Vidal
Überarbeitet: L. Gabriel, K. Schiessl
KSW-Version: 3.0, 08/2024