Vulvakarzinom

Inhaltsverzeichnis

Zugrundeliegende Leitlinien

Die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Vulvakarzinoms richtet sich nach den aktuellen S2k-Leitlinien.

S2k-Leitlinie Vulvakarzinom

Die S2k-Leitlinie befindet sich derzeit in Überarbeitung und wird auf S3 angehoben werden.

Dieser Eintrag konkretisiert KSW-spezifische Verfahrensanweisungen.

Eintrittswege in das Gynäkologische Tumorzentrum

Die Patientinnen werden in der Gynäkologischen Tumorsprechstunde, bzw. in der allgemeinen Sprechstunde vorgestellt. ZuweiserInnen in der Primärsituation sind vor allem GynäkologInnen und HausärztInnen

Die Verteilung der Zuständigkeiten ist wie folgt:

Malignom, gesichert

Allg. Gyn. Amb.

Vulva-sprech-stunde

Gynäkologische Tumor-sprechstunde

Nieder-gelassene ÄrztInnen

Gyn. stationär

prästationäre Vorstellung

 

x

x

 

 

Chefvorstellung/
Aufklärungs-gespräch

 

 

x

 

 

Abschluss-gespräch

 

 

x

 

x

Nachsorge

 

 

(x)

x

 

Diagnostik

Präoperativ / Sprechstunde bei Erstdiagnose

Anamnese

Untersuchung

  • Spiegeleinstellung, histologische Sicherung, falls noch nicht erfolgt
  • Kolposkopie der Vulva und Vagina mit Fotodokumentation
  • Rektovaginale Palpation (Beurteilung der Parametrien)
  • Transvaginaler Ultraschall (Infiltration?)
  • Ultraschall Abdomen

Bildgebung

  • CT Thorax/ Abdomen
  • Ggf. MRT Becken
  • Kein routinemässiges PET CT

Labor

  • In der Anästhesiesprechstunde nach Verordnung

Anmeldung Tumorboard

GON-Erstkontakt

Nachsorge

Nachsorge bei gynäkologischen Tumoren

Empfehlungen gynäkologisch onkologische Nachsorge, AGO, [1]     

6 Wochen postoperativ findet ein Gespräch mit der GON statt, die Patientin wird hierfür durch die GON aufgeboten.

Rezidiv Diagnostik

Zusätzlich zur Untersuchung und Anamnese wie bei Erstdiagnose

  • MRI
  • Ggf. PET

Pathologische Befundung gemäss Nomenklatur WHO FIGO Modifikation 2009 / TNM 2010

FIGO Stadium

Beschreibung

FIGO I

FIGO IA


FIGO IB

Tumor auf Vulva begrenzt

Auf Vulva / Perineum begrenzt, ≤ 2cm und Stromainvasion ≤ 1mm, negative LK

Auf Vulva / Perineum begrenzt, > 2cm und/oder Stromainvasion > 1mm, negative LK

FIGO II

Infiltration von Vagina (unteres Drittel), Urethra (unteres Drittel) oder Anus, negative LK

FIGO III


FIGO III A

 

FIGO III B



FIGO III C

Regionäre Lymphknotenmetastasen (=inguinale und femorale LK)

1-2 Lymphknotenmetastasen < 5mm oder

1 Lymphknotenmetastase ≥ 5mm

3 oder mehr Lymphknotenmetastasen < 5mm oder
2 oder mehr Lymphknotenmetastasen, davon mindestens eine ≥ 5mm

Positive LK mit extrakapsulärem Befall

FIGO IV


FIGO IV A

 

FIGO IV B

Tumorbefall anderer regionärer Lokalisationen (obere 2/3 Urethra oder Vagina) oder Fernmetastasen

Befall obere 2/3 der Urethra und/oder obere 2/3 der Vagina, oder Blase, oder Rektum, oder pelvine ossäre Fixation, oder fixierte oder ulzerierte inguino-femoralen LK

Fernmetastasen (inklusive pelvine LK)

 

TNM Klassifikation

Beschreibung

Tis

Carcinoma in situ, VIN

T1

T1a

T1b

Auf Vulva und Perineum begrenzt

Grösste Ausdehnung ≤ 2cm und Stromainvasion ≤ 1mm

Grösste Ausdehnung > 2cm und/oder Stromainvasion > 1mm

T2

Infiltration von Vagina (unteres Drittel), Urethra (unteres Drittel) oder Anus

T3

Infiltration der oberen 2/3 von Urethra / Vagina, Blasenschleimhaut, Rektumschleimhaut oder fixiert mit dem Beckenknochen

N0

Regionäre LK nicht befallen

N1a

1-2 Lymphknotenmetastasen < 5mm

N1b

1 Lymphknotenmetastase ≥ 5mm

N2a

3 oder mehr Lymphknotenmetastasen < 5mm

N2b

2 Lymphknotenmetastasen, mindestens eine ≥ 5mm

N2c

Extrakapsuläre Ausbreitung

N3

Fixierte/ ulzerierte Lymphknotenmetastasen

M1

Fernmetastasen (inklusive pelvine LK)

Tumorboard

Es gelten die Richtlinien zum Tumorboard des Tumorzentrums des Kantonsspital Winterthurs

Vorgestellt werden

  • Alle Patientinnen nach histologischer Sicherung und vor der ersten Therapie
  • Alle Patientinnen nach Ersttherapie
  • Patientinnen bei Verdacht auf Auftreten eines Rezidivs

Die Möglichkeit einer Studienteilnahme wird grundsätzlich diskutiert.

Der Eintrag ins Tumorregister erfolgt nach Aufklärung der Patientin (Broschüre Tumorregister).

Therapie

Indikationsspezifisch (nach Vorstellung am Tumorboard) gemäss der S2k-Leitlinien [2] und Therapiestandards der Kliniken Essen-Mitte [3].

Therapie der Vorstufe

  • LSIL (uVIN 1)
    • Ohne Symptome: Kann beobachtet werden, regelmässige Kontrollen
    • Mit Symptomen: Analog HSIL
  • dVIN
    • Lokale Exzision im Gesunden: Tiefe max. 2mm (unbehaarte Haut) - 4mm (behaarte Haut); bevorzugt bei dVIN
  • HSIL (uVIN 2/3)
    • Laserevaporisation:mit CO2-Laser, 5-10W, gepulst; bei multifokalen Läsionen, im Vorfeld muss histologisch ein invasives Karzinom ausgeschlossen werden. Tiefe max. 2mm (unbehaarte Haut)-4mm (behaarte Haut); Bevorzugt bei uVIN
    • Skinning-Vulvektomie, ev. kombiniert mit Laserevaporisation
  • Morbus Paget der Vulva
    • Lokale Exzision in sano
    • Balance zwischen Übertherapie und Morbidität bei erhöhtem Lokalrezidivrisiko

Therapie der Vulvakarzinome

Stadiumadaptiert:

  • Invasives Vulvakarzinom T1a
    • Lokale Exzision in sano, 3 mm am fixierten Präparat oder im ontogenetischen Kompartiment mit Lappendeckung [4]
    • „Umgebungs-VIN“ mit entfernen
    • Bei R1: Nachresektion, wenn trotz Nachresektion keine R0-Situation oder Nachresektion nicht möglich: Radiatio
    • keine Lymphonodektomie bei Infiltrationstiefe ≤1mm
  • Invasives Vulvakarzinom T1b lateraler Sitz
    • Lokale Exzision in sano (ggf. Hemivulvektomie), 3 mm am fixierten Präparat oder im ontogenetischen Kompartiment mit Lappendeckung [4]
    • „Umgebungs-VIN“ mit entfernen
    • Wenn Tumorgröße < 4 cm, unifokal, sonographisch und klinisch N0: Sentinel
    • Wenn > 1cm von Mittellinie nur ipsilateraler Sentinel möglich
  • Lymphknoten Biopsie mit Schnellschnitt, bei < 2cm ipsilaterale SLNB ausreichend
    • Wenn negativ: Verzicht auf Lymphonodektomie
    • Wenn positiv (auch bei isolierten Tumorzellen = i+) inguinofemorale Lymphknotenentfernung ipsilateral und kontralateral. Alternativ: kontralaterale SLNB und nur, wenn kontralateraler SLN positiv, dann LNE (Risiko befallener kontralateraler non SLN LK 3-5% - wenn möglich im Vorfeld aufklären, dann einzeitige OP möglich)
    • Sekundäre SLNB möglich
    • Wenn Tumor > 4cm bilaterale inguinofemorale LNE bds.
    • Bei inguinalen Lymphknotenmetastasen und erhöhtem Risiko für eine Beteiligung der pelvinen LK kann die Indikation zur pelvinen Lymphonodektomie mit nachfolgender Radiatio erwogen werden.
    • Potentielle Risikofaktoren für das Auftreten positiver pelviner LK: multiple inguinale LK-Metastasen (≥ 2), inguinale Lymphknotenmetastasen > 5mm Durchmesser, oder LK mit Kapseldurchbruch
    • Bei bildgebendem Nachweis vergrößerter pelviner LK kann eine systematische pelvine LNE als Teil eines multimodalen Therapieplans mit zusätzlicher Strahlentherapie gestellt werden Ziel: eine adjuvante pelvine Radiotherapie bei negativen pelvinen LK zu vermeiden.
  • Invasives Vulvakarzinom T2
    • radikale Vulvektomie, in sano oder im ontogenetischen Kompartiment mit Lappendeckung [4]
    • „Umgebungs-VIN“ mit entfernen
    • ggf. Urethra oder Vagina –Teilresektion
    • bilaterale inguinofemorale Lymphknotendiagnostik
    •  pelvine LNE und Radiatio: je nach Ergebnis der Leiste als Stagingprozedur oder LK Debulking bei bulky nodes pelvin (siehe pT1b)
  • Invasives Vulvakarzinom T3
    • Individuelle Entscheidung; Abhängig von AZ, Alter, Co-Morbiditäten, ggf. Prä-OP Radiotherapie (RT)/ Radiochemotherapie
    • OP innerhalb 1 Woche nach Radiatio und Remission
    • Resektion Resttumor/ bei pCR ggf. Verzicht auf Tumorbettresektion, ggf. LNE
    • Sentinel-Lymphonodektomie:
    • Bedingungen für alleinigen SLN: Aufklärung und Einverständnis, Unifokalität, Tumorgröße < 4cm, cN0
    • Unilateraler SN: Tumor < 2cm und lateraler Sitz > 1cm von Mittellinie, cN0
    • Sekundäre SLN nach vorheriger kompletter Tumorentfernung ist möglich
    • i. d. R. keine SLN Biopsie bei: multifokalem Vulva Ca oder Tumordurchmesser > 4cm, klinisch und/oder pathologisch positiven LK

Literatur

  1. Empfehlungen gynäkologisch onkologische Nachsorge, AGO (Arbeitsgemeinschaft für gynäkologische Onkologie und Brustgesundheit der SGGG), 2009.
  2. S2k Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Vulvakarzinoms und seiner Vorstufen, Version tbd, in Überarbeitung
  3. Du Bois A, Kümmel S. Therapiestandards der Kliniken für Gynäkologie & Gynäkologische Onkologie. Kliniken Essen-Mitte (KEM), Essen, Deutschland.2020.

Höckel M, Schmidt K, Bornmann K, Horn LC, Dornhöfer N. Gynecol Oncol. 2010 Oct;119(1):106-13. doi: 10.1016/j.ygyno.2010.06.019. Epub 2010 Jul 21.

Autor: S. Meili
KSW Version: 2.0, 04/2023