Anregungspumpen auf der Intensivabteilung

Inhaltsverzeichnis

Die Arbeitsanweisung regelt das Vorgehen der frühzeitigen Anregung der Milchproduktion bei einer Trennung von Mutter und Kind in den ersten Stunden post partum (p.p), damit beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Stillzeit gegeben sind.

Gebärabteilung, Frauenklinik Luzern, Zentrum für Intensivmedizin (ZIM), LUKS Luzern

Wird das Kind nach der Geburt auf die Intensivstation oder IMC verlegt, kann das Neugeborene nach der Geburt oft nicht an die Brust angelegt werden. Da die Stimulation der Brust das Allerwichtigste für eine zukünftig genügende Milchproduktion ist, sollte mit dem Anregungspumpen der Milchproduktion so früh wie möglich begonnen werden. Dadurch erfolgt eine optimale Ausnützung der hormonellen Situation (Besetzung der Prolaktinrezeptoren nach Abfall des Progesterons). Laut der Studie von Parker, Sullivan, Krueger und Mueller hatten Mütter, die innerhalb von sechs Stunden p.p. mit dem Anregungspumpen begonnen hatten, nach einer Woche mehr Milch als die Mütter, die erst nach sechs Stunden damit anfingen. Mütter, die bereits innerhalb der ersten Stunde p.p. mit dem Anregungspumpen anfingen, hatten sogar noch mehr Milch, als diejenigen, die nach einer Stunde bis sechs Stunden p.p. mit dem Abpumpen starteten. Zudem entwickelte sich die initiale Brustdrüsenschwellung zu einem früheren Zeitpunkt (Parker, Sullivan, Krueger, Kelechi & Mueller, 2015).

Das Abpumpen von Muttermilch kann das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl der Mutter stärken, weil sie trotz der Trennung in der Lage ist, ihr Kind zu ernähren. Sie kann aktiv etwas für ihr Kind tun, was nur sie als Mutter leisten kann.

Indikationen

In folgenden Situationen ist das frühzeitige Anregungspumpen indiziert:

  • das Frühgeborene wird p.p. auf die IPS oder IMC verlegt
  • das Termingeborene wird p.p. auf die IPS oder IMC verlegt, ohne dass es erstmalig gestillt werden konnte.
  • die Mutter liegt auf der ZIM

Vorgehen

  • Das erste Abpumpen zur Anregen der Milchproduktion erfolgt frühzeitig, idealerweise in der ersten Stunde oder innerhalb der ersten sechs Stunden p.p.
  • Zur Anregung und Stimulation wird mindestens 8-mal in 24h gepumpt, davon mindestens einmal nachts. Durch häufiges Abpumpen wird der Prolaktinspiegel hochgehalten und die Milchproduktion angeregt.
  • Informationen an die Mutter/Partner sind wichtig, damit die Zusammenhänge verstanden werden, weshalb bereits in den ersten Stunden mit dem Abpumpen begonnen werden sollte (Erreichen von genügend Muttermilch, Rückbildung, Förderung der Mutter-Kind Bindung)
  • Bequeme Körperposition situativ, Arme mit Kissen unterlegen. Falls die Mutter noch sehr müde ist, können die Brusthütchen der Milchpumpe mit hautfreundlichem Pflaster (siehe Bild, ZIM: Pflaster für die Augen) oder mit einem Netzhösli befestigt werden


  • Vor dem Abpumpen evtl. eine Brustmassage machen (siehe AA im Blaubuch: Richtlinien Gewinnen von Muttermilch - Brustmassage)
  • "Initial Programm" der Milchpumpe Symphonie der Firma Medela starten (siehe Anleitung Milchpumpe Symphonie)
  • Muttermilch-Tropfen mit einer Spritze aufziehen (siehe AA im Blaubuch: Stillrichtlinien-Gewinnung von Muttermilch

Mutter nicht ansprechbar

Wenn die Mutter nach der Geburt nicht ansprechbar ist, kommt immer wieder die Frage auf, ob mit dem Anregungspumpen bereits begonnen werden darf, ohne dass die Mutter ihre mündliche Zustimmung geben hat. In diesem Fall ist es wichtig zu wissen, ob die Mutter einen Stillwunsch hat (Anamnese). Unbedingt sollte der Partner oder andere enge Familienangehörige in die Entscheidung zum Abpumpen miteinbezogen werden. Im Gespräch mit den Angehörigen ist es wichtig aufzuzeigen, dass für einen späteren Stillerfolg ein möglichst frühzeitiges Beginnen des Abpumpens von Wichtigkeit ist.

Die Nachfrage bei betroffenen Müttern an der Frauenklinik Luzern hat gezeigt, dass das frühzeitige Anregungspumpen, als sie intubiert waren, als eine positive Entscheidung beurteilt wurde, obwohl sie ihre mündliche Zustimmung nicht geben konnten.

  • Für das erste Anregungspumpen auf der ZIM ist die Hebamme, die die Frau während der Geburt betreut hat, verantwortlich. Bei fehlender Zeitressource trägt sie die Verantwortung, dass die Massnahme an eine Kollegin delegiert wird. Nach der Durchführung des ersten Abpumpens, wird das weitere Abpumpen gleich bei der notwenigen Uteruskontrolle überprüft. Nach erfolgter Instruktion kann das Abpumpen an das ZIM-Personal delegiert werden. Das Personal des ZIM unterstützt grundsätzlich das Pumpen. Das heisst die Hebamme spricht sich mit der zuständigen Pflegefachperson im ZIM über die Häufigkeit und Durchführung des Pumpens ab. Der Zeitpunkt der Durchführung des Pumpens soll von der zuständigen Pflegefachperson für alle transparent geplant und durchgeführt werden.
  • Bei Bedarf wird die zuständige Pflegefachperson über weitere Massnahmen wie die Brustmassage instruiert.
  • Es ist von Vorteil, wenn auch Familienangehörige involviert und geschult werden, die das Abpumpen teilweise übernehmen können, um das Personal auf der ZIM zu entlasten.
  • Bei Fragen kann das ZIM-Personal tagsüber die Stillberaterin (97 3578 oder 97 2660) und in der Nacht die MuKi (97 2650) kontaktieren.

Frauen auf der ZIM erhalten meistens verschiedene Medikamente.

  • Die gewonnene Muttermilch (in der Flasche) wird mit der Etikette der Mutter, sowie des Kindes versehen, darauf werden Datum und Zeit des Abpumpens notiert und mit einem Medikamentenverordungsblatt der Mutter auf die Abteilung des Kindes gebracht (MuKi, IMC, oder Neo).
  • Die Pädiater entscheiden, ob die Milch dem Neugeborenen verabreicht werden darf. Meistens kommt in den ersten Tagen nur wenig Muttermilch. Diese wird dem Kind nach Abklärung verabreicht.
  • Um den kindlichen Nährstoffbedarf zu decken, wird anschliessend weitere Nahrung verabreicht. Dadurch wird zusätzlich die Medikamentenkonzentration reduziert.

Parker, L. A., Sullivan, S., Krueger, C., & Mueller, M. (2015). Association of timing of initiation of breastmilk expression on milk volume and timing of lactogenesis stage II among mothers of very low-birth-weight in-fants. Breastfeeding Medicine, 10(2), 84-91.

Parker, L. A., Sullivan, S., Krueger, C., Kelechi, T., & Mueller, M. (2012). Effect of early breast milk expression on milk volume and timing of lactogenesis stage II among mothers of very low birth weight infants: a pilot study. Journal of Perinatology, 32(3), 205-209.

Bryan, C. S. (2016). Klinikstandards in der Geburtsmedizin. Geburtshilfe und Frauenheilkunde, 76 (07), 751-751.

Autor:
Ch. Diebold, F. Egli, S. Steiger
Autorisiert: S. Gasser
Version: 21.12.2017
Gültig bis: 30.06.2021