Impfungen rund um Schwangerschaft und Stillzeit

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

  • Schutz vor Infektionskrankheiten hochrelevant für Mutter und Kind
  • Infektionen führen bei Schwangeren und Neugeborenen zu schwereren Verläufen als beim gesunden Erwachsenen, auch "gewöhnliche" Kinderkrankheiten können beim Säugling tödlich verlaufen, intrauterine Infektionen können schwere fetale Schädigungen verursachen
  • Nestschutz ist bereits praepartal anzustreben
  • "cocooning" = Impfung der Umgebung in der Schwangerschaft nicht vergessen
  • Beratungsgrundlage ist der aktuelle Impfplan des BAG

Besonders beratungsrelevante Impfungen

Für Frauen im reproduktiven Alter:

  • Masern
  • Varizellen
  • Pertussis
  • Influenza
  • Röteln

Kontraindikationen für Impfungen

  • Zu den jeweiligen Einzelimpfungen: siehe www.compendium.ch
  • St.n. ungewöhnlich starker Reaktion auf eine frühere Impfung
  • Allergie auf einen Inhaltsstoff
  • Lebendimpfstoffe: Schwangerschaft, Immunsuppressiva, Immunschwäche
  • Akute febrile (>38.5°C)oder non-febrile Erkrankung (Impfung verschieben)

Lebendimpfstoffe allgemein

  • z.B. Mumps, Masern, Röteln, Varizellen, Gelbfieber, Typhus (Typhus: perorale Impfung = Lebendimpfstoff)
  • Impfung mit Lebendimpfstoffen soll während der ganzen Schwangerschaft vermieden werden.
  • Nach einer Impfung mit Lebendimpfstoff soll eine Schwangerschaft sicher mindestens 1 Monat verhindert werden.
  • Versehentliche Impfung mit einem Lebendimpfstoff perikonzeptionell oder während Schwangerschaft ist keine Indikation für Interruptio aber für eine Beratung im Spezialultraschall!

Totimpfstoffe allgemein

  • z.B. Influenza, Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hepatitis A und B, FSME, Meningokokken, Polio
  • Für Totimpfstoffe stellt eine Schwangerschaft keine Kontraindikation dar
  • Impfung aber möglichst nur im 2./3. Trimenon
  • Je nach Indikation und (Expositions-)Risiko sollte eine Impfung grundsätzlich erfolgen, wenn die möglichen Vorteile die möglichen Risiken für den Fötus überwiegen (Nutzen-Risiko-Analyse).  

Impfberatung präkonzeptionell

  • Impfbüchlein mitbringen lassen / kontrollieren
  • Anamnese: Varizellen oder andere Erkrankungen gehabt?
  • Nur sicher dokumentierte Impfungen zählen!
  • Impfen ist Leistung der obligaten Krankenversicherung, wenn ausgeführt wie im Impfplan empfohlen (ggf. vorbehaltlich Franchise und Selbstbehalt)
  • Etwaige Impfungen des Partners über den Hausarzt empfehlen
  • Relevante Impfungen: Masern, Mumps, Röteln, Keuchhusten, Varizellen, saisonale Grippe
  • wenn geimpft wird: vor Lebendimpfung ein Schwangerschaft ausschliessen und Antikonzeption für 1 Monat danach empfehlen!

Pertussis

  • Empfehlung BAG 2017:
    "Neu wird schwangeren Frauen in jeder Schwangerschaft eine Pertussisimpfung (dTpa) empfohlen, unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Pertussisimpfung oder Pertussiserkrankung. Die Impfung soll vorzugsweise im 2. Trimester (13.–26. SSW) durchgeführt werden (Nachholimpfung moglichst im 3. Trimesters so früh wie möglich). Die Impfung zu diesem Zeitpunkt erlaubt durch die Übertragung mütterlicher Antikörper den bestmöglichen Schutz des Säuglings in den ersten Lebensmonaten. Diese Impfstrategie ist zu priorisieren und zu fordern."
  • Empfehlung BAG bis 2016: Impfung in Schwangerschaft empfohlen, wenn die letzte Auffrischimpfung oder nachgewiesene Pertussisinfektion der Schwangeren > 5 Jahre zurückliegt.
  • Impfung für Kindsvater und andere direkte Kontaktpersonen empfohlen, wenn letzte Impfung >10 Jahre her ist!
  • Schutz insbesondere für das Neugeborene!
  • nur erhältlich als trivalenter (Tot-)Impfstoff Diphterie, Pertussis, Tetanus (oder als tetravalenter Impfstoff (+Polio))
  • Zeitpunkt 2./3. Trimenon
  • Impfen in Schwangerschaft besser als postpartal! (Nestschutz)
  • Impfstoff: 1 Dosis BOOSTRIX Inj. Susp. 1 Fertigspritze 0,5ml i.m.
    Diphtherie-, Tetanus-, azellulärer Pertussis-Adsorbatimpfstoff (dTpa)
  • UAW: lokale Reaktion (Rötung, Schwellung, Schmerzen an Einstichstelle), Müdigkeit, Kopfschmerzen, sehr selten Fieber. Schwere Reaktionen (z.B. Schock extrem selten)

Influenza (saisonale Grippe)

  • Problem der Influenza: bei Schwangeren mit Influenzainfektion schwere Atemwegsinfektionen möglich, insbesondere bei Erkrankung im 2./3. Trimenon und im 1. Monat postpartal
  • Für Schwangere empfohlen ab ca. Mitte Oktober bis Ende Grippeepidemie
  • Impfung für Kindsvater und andere direkte Kontaktpersonen ebenso empfohlen
  • Bei erhöhter gesundheitlicher Anfälligkeit wegen eines Grundleidens (Asthma, Diabetes etc. bereits vor 13. SSW, alle anderen ab dem 2. Trimenon.
  • CAVE: Kontraindikation bei Hühnereiweissallergie
  • Impfstoff je nach Jahr unterschiedlich, siehe aktuelle Mitteilung Apotheke
    (Influenza, inaktiviert, Spalt/Split Virus oder Oberflächen-Antigen)  
  • UAW: lokale Reaktion (Rötung, Schwellung, Schmerzen an Einstichstelle), Müdigkeit, Kopfschmerzen, sehr selten Fieber. Schwere Reaktionen (z.B. Schock extrem selten)

Masern / Mumps / Röteln (MMR)

  • Lebendimpfstoff! => keine Impfung in der Schwangerschaft, Impfen präkonzeptionell oder möglichst bald im Wochenbett
  • Vor Impfung Schwangerschaft ausschliessen! Zyklusanamnese und HCG i.U.! Nicht impfen, wenn in diesem Zyklus eine Konzeption möglich wäre.
  • bis mind. 1 Monat nach letzter Impfung verhüten
  • Röteln: bei zwei dokumentierten Impfungen ist von einem Immunschutz auszugehen und keine Impfung oder Serologie empfohlen (BAG 2006)
  • Impfstoff:
    MMRVAXPRO Trockensub c Solv, 1 Dosis = 1 Fertigspritze, i.m.

MMR Situation 1: Präkonzeptionelle Impfung:

  • Keine Serologie bestimmen
  • Falls die Frau überhaupt keine dokumentierte MMR-Impfung erhalten hat
    => 2 Impfdosen im Abstand von mindestens 4 Wochen
  • Falls die Frau nur eine dokumentierte Impfung erhalten hat
    => 1 Impfdosis

MMR Situation 2 : Schwangere Frau

  • Check Status bei erster Schwangerschaftskontrolle
  • Falls die Frau keine dokumentierte MMR- oder Röteln- und Masernimpfung erhalten hat:
    • Serologie Röteln und Masern IgG
    • wenn Serologie negativ: 2 postpartale (!!) Impfungen im Abstand von mind. 4 Wochen empfehlen
  • Falls die Frau eine dokumentierte MMR- oder Röteln- und Masernimpfung erhalten hat:
    => keine Serologie, eine MMR-Impfung postpartal empfehlen
  • Falls die Frau zwei dokumentierte Dosen einer MMR-Impfung erhalten hat:
    => keine Serologie, keine Impfung

Flyer für Schwangere: Masern und Keuchhusten

Varizellen

  • Lebendimpfstoff! => keine Impfung in der Schwangerschaft, Impfen präkonzeptionell oder möglichst bald im Wochenbett
  • Vor Impfung Schwangerschaft ausschliessen! Zyklusanamnese und HCG i.U.! Nicht impfen, wenn in diesem Zyklus eine Konzeption möglich wäre. bis mind. 1 Monat nach letzter Impfung verhüten
  • Impfstoff:
    Varivax Inj. Susp. 1 Fertigspritze 0.5 ml (Varizellen-Lebendimpfstoff, abgeschwächt) i.m. oder s.c.

Varizellen Situation 1 : präkonzeptionelle Impfung

  • Kontrolle Impfbüchlein und Anamnese (sehr verlässlich)
  • Falls keine sichere Varizellenanamnese und/oder keine zwei dokumentierte Impfungen:
    =>Varizellen-IgG-Serologie
    =>Wenn negativ: 2 Impfungen im Abstand von 4 Wochen

Varizellen Situation 2 : Schwangere Frau

  • Falls keine sichere Varizellenanamnese und keine Impfung erhalten:
    => Varizellen-IgG-Serologie
    => Wenn negativ: Aufklärung Expositionsprophylaxe und zwei Impfungen postpartal empfehlen
  • Falls eine Varizellenimpfung dokumentiert ist
    => Varizellen-Serologie abnehmen und eine Impfung postpartal empfehlen
  • Falls zwei Varizellenimpfungen dokumentiert sind:
    => Serologie nur bei Exposition in der Schwangerschaft abnehmen
  • Falls sichere Varizellenanamnese:
    => Serologie nur bei Exposition in der Schwangerschaft abnehmen

 

Kombination von Impfungen

MMR- , Varizellen- und DTP-Impfungen können gleichzeitig verabreicht werden, müssen aber an verschiedenen Stellen injiziert werden

 

Wochenbett / Stillzeit

  • Überprüfen: Impfschutz gegen MMR, Pertussis, Varizellen, saisonale Grippe
  • Falls kein sicherer Immunschutz (siehe oben): Impfen whd. stat. Aufenthalt oder beim HA empfehlen
  • Alle oben erwähnten Impfungen ohne Einschränkungen erlaubt.
  • Cave Ausnahme: Gelbfieber => Gefahr einer Meningoencephalitis beim Kind aber CAVE: Impfung Gelbfieber in der CH nur über Tropenmediziner erlaubt!

Umfeld von Frühgeborenen

spezielle Impfempfehlung, siehe Tabelle 8 S. 29 Impfplan BAG 2020

    Autor: J. Kohl
    Autorisiert: M. Hodel
    Version: 16.11.2016
    Aktualisiert: 06.03.2020 J. Kohl